Bischof Bodes Amtsverzicht : „Selbst Priester fragten mich: Warum treten Sie nicht zurück?“
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Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode am 22. September 2022 nach der Vorstellung des Zwischenbericht des Missbrauchsgutachtens Bild: dpa
Osnabrücks Bischof Bode genoss in seinem Bistum den Ruf eines Reformers und Aufklärers. Das änderte sich schlagartig mit dem Zwischenbericht einer Missbrauchsstudie für sein Bistum. Doch erst klang Bode wie Kardinal Woelki.
Zum ersten Mal hat Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch eines deutschen Bischofs angenommen, der im Zusammenhang mit dem Missbrauchskandal steht. Am Samstag gaben der Vatikan und das Bistum Osnabrück den Amtsverzicht des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode bekannt. „Ich habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manchmal falsche Entscheidungen getroffen“, äußerte Bode in einer Erklärung zu seiner überraschenden Entscheidung.
„Ich bekenne mich ausdrücklich zu meiner Verantwortung und zu meinen persönlichen Fehlern.“ Manche hätten jegliches Vertrauen in ihn verloren. Er habe das „Ausmaß der Irritationen, insbesondere in der Mitarbeiterschaft des Bistums, unterschätzt“, äußerte der Bischof weiter.
Der Missbrauchsskandal schien den dienstältesten deutschen Bischof, der seit 1995 an der Spitze seines Bistums steht, zunächst nicht mit voller Wucht zu treffen. Er stand sogar vergleichsweise gut da. Im Jahr 2010 hatte er als bis dahin erster Bischof in dieser Form in einem Bußgottesdienst ein Schuldbekenntnis gegenüber den Missbrauchsopfern in seinem Bistum abgelegt und die Betroffenen um Vergebung gebeten. Bodes Bild verdunkelte sich jedoch im September 2022 schlagartig, als Juristen und Historiker der Universität Osnabrück erste Ergebnisse ihrer Missbrauchsstudie für sein Bistum vorstellten.
Zunächst schloss Bode einen Rücktritt aus
Die Autoren bescheinigten Bode „Pflichtverletzungen im niedrigen einstelligen Bereich“. Diese seien, „fahrlässig, aber nicht vorsätzlich“ gewesen, erklärte der Osnabrücker Rechtswissenschaftler Hans Schulte-Nölke damals. Bode hat laut dem Zwischenbericht in seiner Amtszeit „mehrfach Beschuldigte, auch solche, an deren Gefährlichkeit kaum Zweifel bestehen konnte, in ihren Ämtern belassen oder in Ämter eingesetzt, die weitere Tatgelegenheiten ermöglichten“ oder sie sogar mit Leitungsaufgaben in der Jugendseelsorge betraut.
Auch über das Jahr 2000 hinaus habe das Bistum „teils schwerwiegend“ gegen Pflichten zur Verhinderung weiterer Straftaten verstoßen. Zu Bodes Vergebungsbitte von 2010 heißt es in dem Zwischenbericht, das damals gegebene Versprechen, die Hilfen für die Opfer ganz auszuschöpfen, sei „in der Verwaltungspraxis seines Bistums gegenüber Betroffenen jedoch nicht umgesetzt worden“.
In einer ersten Reaktion auf die Studie schloss Bode einen Rücktritt noch aus. Der Katholikenrat des Bistums stellte sich demonstrativ hinter ihn. Aber das konnte nicht verhindern, dass die Stimmung im Bistum kippte, vor allem unter den Mitarbeitern. Der Bischof sah sich mit einem erdrutschartigen Vertrauensverlust konfrontiert.
Er habe gerade unter Mitarbeitern einen guten Ruf als Aufklärer und Reformer genossen, sagte er im Dezember 2022. Aber dieser Ruf sei nun ruiniert. „Selbst Priester fragen mich: Warum treten Sie nicht zurück“. Zuletzt zeigte der Betroffenenbeirat der norddeutschen Bistümer Bode im Dezember beim Vatikan an. Das Gremium warf ihm unter anderem vor, Schilderungen einer Betroffenen „gänzlich falsch eingeschätzt“ und die Anzeige ihres Falls beim Vatikan verzögert zu haben.
Bode war eine zentrale Figur in der katholischen Kirche in Deutschland: 2017 wählten ihn die Bischöfe zum stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Zudem war er stellvertretender Präsident des „Synodalen Weges“ und eine treibende Kraft des Reformprojekts. Er leitete hierbei das Forum zu Frauen in kirchlichen Ämtern.