Thüringen : Linke Keller zur Landtagspräsidentin gewählt
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Die erste ihrer Partei im Amt: Die Linke Birgit Keller, bisher Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, wird neue Präsidentin des Thüringer Landtags. Bild: dpa
Mit Birgit Keller wird zum ersten Mal ein Mitglied der Linkspartei Landtagspräsidentin. Die Kandidatin der AfD schafft es wiederum nicht ins Amt der Vizepräsidentin.
Dem Thüringer Landtag steht zum ersten Mal eine Politikerin der Linken vor. Die 90 Abgeordneten wählten Birgit Keller am Dienstag zur Landtagspräsidentin. Dabei sprachen sich 52 Abgeordnete für die bisherige Landwirtschaftsministerin aus, 28 votierten gegen sie und zehn Parlamentarier enthielten sich. Keller erhielt damit in der geheimen Abstimmung offensichtlich Zustimmung über die Grenzen des bisherigen rot-rot-grünen Regierungsbündnisses hinaus.
Keller hatte zuvor aus den Händen von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ihre Entlassungsurkunde als Ministerin erhalten. Ihre Kabinettskollegen bleiben dagegen geschäftsführend auf unbestimmte Zeit im Amt. Kellers Ressort übernimmt interimistisch der Chef der Staatskanzlei Benjamin-Immanuel Hoff (Linke).
Die Zusammensetzung des neuen Landtages macht eine Regierungsbildung in Thüringen schwierig. Von den 90 Sitzen entfallen auf das bisherige rot-rot-grüne Regierungsbündnis nur 42 (Linke: 29, SPD: 8 und Grüne: 5) von notwendigen 46. Auch ein zumindest rechnerisch mögliches Bündnis aus CDU (21) und AfD (22) verfehlt die Mehrheit. Fünf Abgeordnete stellt die FDP.
AfD-Kandidatin nicht zur Vizepräsidentin gewählt
Die neue Landtagspräsidentin versprach in ihrer Antrittsrede Überparteilichkeit. Sie forderte die Abgeordneten zu Fairness über Parteigrenzen hinweg auf. Die frühere Funktionärin von FDJ und SED ging auch auf ihre eigene Vergangenheit ein, die die 60-Jährige je zur Hälfte in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland verlebte. Sie habe sich nie gescheut, das Unrecht, das vor der friedlichen Revolution geschehen sei, auch als solches zu benennen. „Der Respekt vor den Opfern des SED-Unrechts bleibt für mich Grundlage meiner Arbeit als Präsidentin“, unterstrich sie.
Der Landtag beschloss gegen die Stimmen der AfD eine Erweiterung des Landtagspräsidiums von drei auf sechs Mitglieder, um so jede Fraktion im Gremium berücksichtigen zu können. Die AfD begründete ihre Ablehnung mit der Ankündigung von FDP und der Linken, keines der Mitglieder ihrer Fraktion in das Amt eines Vizepräsidenten zu wählen.
Diese Befürchtung bestätigte sich, die AfD-Kandidatin Tosca Kniese wurde nicht gewählt. Für sie stimmten 39 Abgeordnete, gegen sie votierten 42 und 9 Parlamentarier enthielten sich. Zu Vizepräsidenten gewählt wurden Dorothea Marx (SPD, 57 Ja-Stimmen, 31 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen), Henry Worm (CDU, 62, 16, 12), Astrid Rothe-Beinlich (Grüne, 51, 32, 3) und Dirk Bergner (FDP, 48, 26, 16).
Bischöfe mahnen Abgeordnete und Landesregierung
Am Morgen wurden in der Erfurter Thomaskirche die neuen Abgeordneten und Mitglieder der geschäftsführenden Landesregierung mit einem Ökumenischen Gottesdienst auf die neue Legislaturperiode eingestimmt. In seiner Predigt forderte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, dazu auf, nicht um Eitelkeit und Macht Willen, sondern zum Wohle des Landes und seiner Menschen zu handeln.
Angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse räumte er ein, froh darüber zu sein, in diesen Tagen als Landesbischof und nicht als Abgeordneter in der Verantwortung zu stehen. Auch sein katholischer Amtsbruder, Ulrich Neymeyr, sprach von schwierigen Entscheidungen, vor denen alle stünden. „Aber der Landtag ist so, wie Thüringen ist“, fügte er mit Blick auf das aus sechs Fraktionen bestehende Parlament hinzu.