Wegner nach Wahl in Berlin : „Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will“
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Vorgängerin und Nachfolger: Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegner (CDU) im Roten Rathaus in Berlin Bild: Reuters
Bei der Wahl von Kai Wegner kündigte die AfD an, im dritten Wahlgang für den CDU-Kandidaten zu stimmen. Dieser gibt sich danach unbeeindruckt. Von SPD und Linken kommen kritischere Worte.
Berlins neuer Regierungschef Kai Wegner will sich von möglichen AfD-Stimmen bei seiner Wahl nicht beirren lassen. „Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in einem RBB-Spezial. „Sie will das nutzen. Weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass die AfD einen Regierenden Bürgermeister wählt, der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt. Von daher ist das 'ne Taktik, 'ne Strategie. Davon lasse ich mich aber nicht beirren.“ Mit „AfD-Jägerin“ dürfte Wegner sich auf die neue Justizsenatorin Felor Badenberg beziehen, die zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete und sich auch um die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall kümmerte.
Auf die Frage nach einem bitteren Beigeschmack des Wahlablaufs sagte Wegner: „Das hätte ich mir natürlich anders gewünscht. Das hätten wir uns von der Koalition von CDU und SPD anders gewünscht.“ Aber der dritte Wahlgang sei verfassungsgemäß geregelt: „Der ist regulär.“ Daher freue er sich. Er habe eine Koalitionsmehrheit mit 86 Stimmen. Ganz offenkundig habe es Abweichler bei CDU und SPD gegeben. Jetzt gehe es darum, durch gute Arbeit die Koalitionsabgeordneten und die Berlinerinnen und Berliner zu überzeugen.
„Definitiv nicht schön für einen Politiker“
Die SPD-Abgeordnete Ülker Radziwill forderte unterdessen, Wegner solle aus der holprigen Wahl Konsequenzen ziehen. „Im dritten Wahlgang gewählt zu werden, ist definitiv nicht schön für einen Politiker und schon gar nicht für einen Regierenden Bürgermeister“, sagte Radiziwill, die im rot-grün-roten Senat Staatssekretärin für Mieterschutz war, am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur. „Das heißt, er muss sehr viel Vertrauen gewinnen. Er kann sich nicht ausruhen, und er muss in seinen eigenen Reihen noch eine Menge Frust bewältigen, und er muss nochmal in seine Partei hineinhorchen.“
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht bei der Wahl viele Parallelen zu Thüringen. „Denn die AfD nutzt den Parlamentarismus, um ihn verächtlich zu machen. Und der schleichende Zersetzungsprozess nimmt zu“, sagte Ramelow dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wenn man den Parlamentarismus schützen will, dann darf man sich niemals in die Hand dieser politischen Kraft begeben“, sagte Ramelow an die Adresse von CDU und SPD. „Dies ist ein schwerer Tag, in Berlin und in Thüringen“, sagte er.
Die Berliner AfD-Fraktion hatte am Donnerstag nach der Wahl von Kai Wegner zum Nachfolger von Franziska Giffey mitgeteilt, dass sie vor dem dritten Wahlgang beschlossen habe, „Kai Wegner zur erforderlichen Mehrheit zu verhelfen“. Konkrete Angaben zur Zahl der Ja-Stimmen für Wegner machte die Fraktion nicht. AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Gehen Sie mal von der Hälfte aus.“ Auf dpa-Nachfrage zur geheimen Wahl gaben zunächst fünf der 17 AfD-Parlamentarier an, für Wegner gestimmt zu haben.