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Passives Wahlrecht : Die jüngsten Gemeinderäte Deutschlands

Kreuz gesetzt: Ein Mann steckt bei einer Wahl seinen Wahlzettel in eine Urne. Bild: dpa

Bei der Modernisierung des Kommunalwahlrechts will Baden-Württemberg Vorbild sein. Die kommunalen Spitzenverbände sehen die Reform kritisch.

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          In Baden-Württemberg wird das passive Wahlalter für Gemeinderäte von 18 auf 16 Jahre und für Bürgermeister von 25 auf 18 Jahre abgesenkt. Baden-Württemberg ist somit das erste Bundesland, das Sechzehnjährigen bei Kommunalwahlen das passive Wahlrecht zugesteht. Die Reform ist auf Betreiben der grünen Regierungsfraktion zustande gekommen, im Landtag stimmten Grüne, CDU und SPD für die Gesetzesänderung. AfD und FDP lehnten sie ab. Der grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz sagte, die grün-schwarze Regierung zeige damit, dass das Land nicht nur wirtschaftlich eine Innovationsregion sei, sondern auch bezüglich des kommunalen Wahlrechts.

          Rüdiger Soldt
          Politischer Korrespondent in Baden-Württemberg.

          Außerdem entfällt im kommunalen Wahlrecht künftig die Altersgrenze für ei­nen Bürgermeister- oder Oberbürgermeisterkandidaten. Mit der Vollendung des 73. Lebensjahres mussten Bürgermeister ihr Amt bislang aufgeben. Der zweite Wahlgang bei Bürgermeisterwahlen wird künftig auch eine echte Stichwahl sein und nicht wie bislang eine Neuwahl.

          Erreicht also zum Beispiel ein OB-Kandidat im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit, können die Bürger und Bürgerinnen im zweiten Wahlgang künftig nur noch zwischen den beiden Kandidaten mit den höchsten Stimmenanteilen wählen. Zur Verhinderung von „Spaßbewerbern“, die vermehrt versuchen, Bürgermeisterwahlen zu chaotisieren, sollen in Gemeinden ab 3000 Einwohnern Unterstützungsunterschriften für die Bewerber gesammelt werden.

          Den Altersdurchschnitt senken

          Die Reform soll dazu beitragen, den Al­tersdurchschnitt von Kreistagen und Ge­meinderäten zu senken. Der Anteil der Gemeinderäte unter 25 Jahren lag in den Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg zuletzt bei 1,8 Prozent. Zur Anwendung soll das neue Wahlrecht erstmals im Jahr 2024 kommen, bei den nächsten Kommunalwahlen. Politisch und rechtlich umstritten ist vor al­lem die neue Altersgrenze beim passiven Wahlrecht. So sieht der Ge­meindetag Konflikte zwischen der Ausübung des freien Mandats einerseits und dem Minderjährigenschutz und Elternrecht andererseits.

          Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Andreas Deuschle, sagte, mit dieser Veränderung betrete man „Neuland“. Letztlich entscheide der Souverän, wer Gemeinderatsmitglied werde. Man könne allerdings die Frage stellen, ob man, wenn man jungen Bürgern mehr Rechte gebe, nicht auch über eine Absenkung des Alters für die Strafmündigkeit diskutieren müsse.

          Nach dem Verbrechen an der zwölfjährigen Luise in Freudenberg, die von zwei anderen Mädchen getötet worden sein soll, hatten sich Innenminister Thomas Strobl und Justizministerin Marion Gentges (beide CDU) für eine Überprüfung der Strafmündigkeitsgrenze von derzeit 14 Jahren ausgesprochen. In der Praxis, sagte Deuschle, werde es wohl nicht so viele so junge Kandidaten in den Kommunen geben. Die FDP lehnt die Reform ab, die Abgeordnete Julia Goll sagte, das Problem der unterschiedlichen Behandlung von jugend­lichen und erwachsenen Mandatsträgern sei ungeklärt.

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