Vierte Corona-Welle : Sorge vor überlasteten Intensivstationen in Baden-Württemberg
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Intensivstation für Covid-19-Patienten des Asklepios Klinikums Langen im Mai 2021 Bild: Lucas Bäuml
Baden-Württemberg bereitet weitere Einschränkungen für Nicht-Geimpfte vor, um eine Überlastung der Intensivstationen durch Covid-19-Patienten zu verhindern. Denn deren Kapazitäten haben sich deutlich verringert.
Das baden-württembergische Gesundheitsministerium will eine Auslastung der Krankenhäuser mit mehr als 600 Covid-19-Intensivpatienten in einer möglichen vierten Pandemie-Welle mit allen Mitteln vermeiden. Der Grund ist, dass in den vorherigen drei Pandemiewellen die Kapazitäten der Universitätskliniken und Krankenhäuser so ausgeschöpft waren, dass Verlegungen in andere Bundesländer gerade noch vermieden werden konnten. „600 Intensivpatienten zu versorgen, war eine riesige Kraftanstrengung. Das dürfen wir den Kliniken nicht noch einmal zumuten. Es geht jetzt darum, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren und eine zu hohe vierte Welle unter den Nicht-Geimpften zu verhindern“, sagte Uwe Lahl, Ministerialdirektor des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums, der F.A.Z.. In den ersten drei Pandemie-Wellen hatten die Kliniken des Landes zu Hochzeiten etwa 600 Patienten gleichzeitig auf Intensivstationen versorgt und beatmet.
Mitte September und zum Schulbeginn, wenn viele Reiserückkehrer zur Verbreitung des Virus beigetragen haben, rechnet das Gesundheitsministerium mit einem abermaligen sprunghaften Anstieg der Zahl der Corona-Intensivpatienten. Nach derzeitigen Prognosen könnten es dann 350 Corona-Patienten sein, die beatmetet werden müssen. Damit wäre die Kapazität der Krankenhäuser ausgeschöpft, weil durch Kündigungen, eine hohe Personalfluktuation und infolgedessen durch die Auflösung von Intensiv-Pflegeteams die Intensivkapazitäten nun an den Krankenhäusern der Maximalversorgung und in den Universitätskliniken deutlich niedriger ausfallen als zu Beginn der Pandemie.
Motivationsprobleme bei Pflegern
Hinzu kommen Motivationsprobleme der Intensivpfleger und Intensivpflegerinnen: Dass unter den Intensivpatienten jetzt einige sind, die eine Impfung bewusst verweigert haben, demotiviert die Mitarbeiter der Intensivstationen. Aufgrund dieser Lage erarbeitet die Landesregierung in Baden-Württemberg derzeit eine Corona-Verordnung, in der weitere Restriktionen für Nicht-Geimpfte vorgesehen werden, zum Beispiel das Verbot von Restaurantbesuchen oder sogar Ausgangsverbote. Die Verordnung soll erst in Kraft treten, wenn die Zahl der Neuinfizierten weiterhin sprunghaft steigt und eine abermalige Überlastung der Intensivstationen drohen sollte.
Ein Sprecher des Sozialministeriums sagte, entscheidend für das Pandemie-Management sei die Entwicklung der Zahlen der Intensivpatienten, nicht die Hospitalisierungsrate. Das liegt auch daran, dass die Meldewege für die in den Krankenhäusern aufgenommenen Covid-19-Patienten noch unzureichend sind, die für Intensivpatienten durch das DIVI-Register aber mittlerweile zuverlässig und gut sind. Die neue Verordnung, die im Prinzip eine 2-G-Regel ähnlich wie in Hamburg enthalten könnte, tritt nur in Kraft, wenn sich Pandemie verschärfen sollte. Derzeit werden etwa hundert Covid-19-Patienten auf Intensivstationen baden-württembergischer Krankenhäuser behandelt, die meisten sind Nicht-Geimpfte.
Die Evangelische Heimstiftung in Stuttgart, die der größte Träger von Pflegeheimen im Südwesten ist, beklagt immer mehr Impfdurchbrüche und auch Todesfälle bei zweifach geimpften Heimbewohnern. Deshalb fordert der Geschäftsführer der Stiftung, Bernhard Schneider, jetzt eine Impfpflicht für die Pflegeberufe. „Ich bin ziemlich sicher“ sagt Schneider, „dass diejenigen Mitarbeitenden, die sich bislang noch nicht für eine Impfung entscheiden konnten, ihre Meinung auch in den nächsten Wochen nicht ändern werden. Deshalb muss der Gesetzgeber jetzt für eine Impflicht sorgen.“ In der Gesellschaft müsse „das Wohl und die Gesundheit der Schwächsten“ der entscheidende Maßstab sein.