Streit in der AfD : Aufstand gegen Höcke
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Björn Höcke beim Landesparteitag der AfD Thüringen im November 2018 Bild: dpa
Eine Mehrheit in der AfD begehrt gegen den autoritären „Flügel“ der Partei auf. In einem Appell lehnen hundert Funktionäre und Mitglieder „den exzessiv zur Schau gestellten Personenkult“ um Björn Höcke ab.
Gerade war Björn Höcke noch wie ein Popstar gefeiert worden. Seine Anhänger hatten ihn am Wochenende mit minutenlangem Applaus beim Einzug in die Festhalle im thüringischen Leinefelde begrüßt, wo sich die Rechtsaußen-Gemeinschaft der AfD, der „Flügel“, zum Kyffhäuser-Treffen versammelte.

Politischer Korrespondent in Berlin.
Nachdem Höcke sich auf einem Laufsteg von den 850 Fans beim jährlichen Folklore-Treffen hatte bejubeln lassen, wurde ein kitschiger Werbefilm über den Star der autoritären AfD-Strömung gezeigt. Dann beglückte Höcke einen verdienten Unterstützer, der ihn in dem Film über den grünen Klee lobte, mit einem handschriftlich verfassten Brief und einer Bismarck-Medaille.
In seiner Rede griff Höcke dann den Bundesvorstand der Partei frontal an. Der habe nicht integrierend gearbeitet, ja „die Würde“ vermissen lassen. Er versprach seinen Anhängern, dass die Bundesspitze der AfD im November nicht mehr in der aktuellen Zusammensetzung wiedergewählt werde. Nach der Landtagswahl in Thüringen werde er sich „mit großer Hingabe und ganzer Leidenschaft“ dieser Aufgabe widmen. Die „Flügel“-Leute reagierten mit Jubel und „Höcke!“-Rufen.
Am Mittwoch folgte die Reaktion. In einem Appell unter dem Titel „Für eine geeinte und starke AfD“ werfen hundert Funktionäre und Mitglieder der AfD Höcke vor, durch „seine spaltende Kritik am Bundesvorstand“ die innerparteiliche Solidarität verletzt zu haben und den Wahlkämpfern und Mitgliedern „in den Rücken gefallen“ zu sein. Die überwiegend bürgerlichen AfD-Mitglieder lehnten „den exzessiv zur Schau gestellten Personenkult“ um Höcke ab, heißt es.
„Brandschneise der Zerstörung“
Als Thüringer Landesvorsitzende der AfD sei Höcke nicht legitimiert, für die ganze Partei zu sprechen; es gehe ihm aber offenbar nur um den „Flügel“ und nicht um die AfD. Wer ohne Legitimation einen „Sonderweg“ gehen wolle, der stelle sich ins Abseits. Unterzeichnet habe den Appell der stellvertretende Bundesvorsitzende Georg Pazderski sowie die Vorstandsmitglieder Kay Gottschalk, Albrecht Glaser und Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann. Auch mehrere Bundestagsabgeordnete sowie die Landesvorsitzenden Uwe Junge aus Rheinland-Pfalz, Dana Guth aus Niedersachsen und Robert Lambrou aus Hessen haben unterschrieben. Die meisten Unterzeichner kommen aus dem Westen, nur wenige aus dem Osten, wo insbesondere in Thüringen und Brandenburg die innerparteiliche Opposition zum „Flügel“ kaltgestellt worden ist. In den ostdeutschen Landesverbänden ist der „Flügel“ besonders stark.
Hintergrund des Appells sind die Versuche des „Flügels“ die mitgliederstarken Landesverbände im Westen zu spalten, in denen die gemäßigteren Kräfte dominieren. Das ist schon in vielen Landesverbänden gelungen, so in Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Am Wochenende traten neun von zwölf Vorstandsmitgliedern des mitgliederstärksten Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen aus Protest gegen die Aktivitäten des „Flügels“ zurück. Nur weil die Satzung vorschreibt, dass Mitglieder des Vorstands nur mit Zweidrittelmehrheit abgewählt werden können, gelang es nicht, die drei verbliebenen „Flügel“-Vertreter loszuwerden – dem Abwahlantrag stimmten 61 Prozent der Delegierten zu.