Mittelfinger gezeigt : Staatsanwaltschaft beantragt Aufhebung der Immunität Ramelows
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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow Bild: dpa
Der thüringische Ministerpräsident hatte einen AfD-Politiker im Landtag beschimpft. Die Staatsanwaltschaft hat nun die Aufhebung der Immunität Ramelows beantragt.
Es war ein Wortwechsel mit Folgen, der sich Mitte Juli im Thüringer Landtag in Erfurt abspielte. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Erfurt wegen des Vorwurfs der Beleidigung die Aufhebung der Immunität von Bodo Ramelow beim Thüringer Landtag beantragt. Zuvor hatte der AfD-Abgeordnete Stefan Möller Strafanzeige gegen den Ministerpräsidenten und Politiker der Linken erstattet. In einer hitzigen Debatte über die künftige Aufbewahrung und den Zugang zur wissenschaftlichen Erforschung der Akten der rechtsextremen Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU), die aus Thüringen stammte und zehn Menschen ermordet hat, in der es auch um eine mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ging, hatte Möller wiederum der Linken „Verbindungen zum linksextremen Gewaltmilieu“ vorgeworfen und dabei auch auf Ramelows frühere Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz angespielt.

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Ramelow, der von den NSU-Tätern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt persönlich bedroht worden war, hatte daraufhin die Fassung verloren und Möller von der Regierungsbank aus den Mittelfinger gezeigt sowie ihn einen „widerlichen Drecksack“ genannt. Kurz darauf wiederholte Ramelow außerhalb des Plenarsaals vor Kameras seine Worte und bekräftigte, dass sie zwar inhaltlich zuträfen, er sie aber nicht im Parlament hätte äußern dürfen, da sich so etwas dort nicht gehöre. Das seien ein „nicht zu entschuldigendes Verhalten“ und eine „inakzeptable Wortwahl“ gewesen, sagte Ramelow am Mittwoch der F.A.Z. Zwar reagiere er bei diesem Thema besonders sensibel. „Es hätte sich aber an diesem Platz des Ministerpräsidenten nicht gehört, unabhängig davon, was innerlich in mir vorgegangen ist.“
Sein Anwalt ist Gregor Gysi
Er „stehe nicht außerhalb oder über dem Gesetz“, weshalb er die Abgeordneten des Immunitätsausschusses im Landtag darum gebeten habe, dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattzugeben. Vorsitzender des Ausschusses ist wiederum Möller selbst. Der AfD-Abgeordnete sagte der F.A.Z., er stehe zu seiner Bemerkung in der Landtagsdebatte und warte bis heute vergeblich auf eine Entschuldigung Ramelows. Er habe in der Debatte lediglich Fakten berichtet, und zu denen zähle, dass Ramelow vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet worden ist. Tatsächlich hatte das Bundesverfassungsgericht 2013 die Beobachtung Ramelows durch den Verfassungsschutz verboten. Der Linken-Politiker sei keiner antidemokratischen Bestrebung verdächtig, urteilten die Richter.
Ramelow selbst wiederum lässt sich in der Sache von dem Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordneten der Linken, Gregor Gysi, vertreten. Sollten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu einer Anklage führen, könnte das Verfahren mitten in den Wahlkampf fallen. Am 25. April soll es in Thüringen Neuwahlen geben, bei denen Ramelow, der abermals als Spitzenkandidat der Linken antritt, wieder Ministerpräsident werden will. Ein Verfahren gegen ihn ist deshalb nicht ohne Risiko. Es dürfte bei seiner Anhängerschaft für Furore sorgen, könnte aber auch jene bürgerlichen Wähler verschrecken, die Ramelow bisher auch für sich gewinnen konnte.