
Armutseinwanderung : Roma
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Es wäre naiv anzunehmen, mit Sozialprogrammen in Südosteuropa könne die Armutseinwanderung der Roma schnell gestoppt werden. Auch den deutschen Städten muss geholfen werden.
Es ist falsch, wenn in der Debatte über die Armutseinwanderung aus Bulgarien und Rumänien nicht beim Namen genannt wird, wer da kommt: Die Mehrzahl dieser Menschen sind Roma. Von Bedeutung ist das deshalb, weil den sprachlich, kulturell und religiös unterschiedlichen Gruppen der Roma in Südosteuropa eines gemeinsam ist - sie sind nicht nur arm, sondern werden auch wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit ausgegrenzt.
Diese Erkenntnis ist weder neu, noch fehlt es an Bekenntnissen, man wolle die Lage dieser Minderheit verbessern. 2005 haben die Regierungen von zwölf europäischen Ländern mit einem hohen Roma-Anteil an der Bevölkerung die „Dekade zur Inklusion der Roma“ ausgerufen, 2011 hat die EU ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, Strategien zur Integration der Roma zu erarbeiten.
Spürbare Ergebnisse dieser Initiativen sind bisher nicht zu erkennen. Dabei mangelt es nicht am Willen - zumindest der äußeren Form nach: In mehreren osteuropäischen Ländern gibt es eine Politik der „positiven Diskriminierung“ der Roma, die ihnen Bildungs- und Aufstiegschancen ermöglichen soll. Zugleich aber können viele Politiker in einer auf Populismus ausgerichteten Öffentlichkeit der rassistischen Versuchung nicht widerstehen. Das ist keine osteuropäische Spezialität, wie das Vorgehen gegen Roma in Frankreich in der Endzeit Präsident Sarkozys zeigte. Wenn man den schamhaften Umschreibungen für die Roma im Papier des Städtetags etwas Positives abgewinnen möchte, dann ist es das offenbar darin liegende Bemühen, nicht mit Vorurteilen und Klischees zu spielen.
Aber diese sprachliche Camouflage ist gefährlich. Sie macht es rechtsextremen Kräften leicht, mit der Behauptung zu punkten, aus politischer Korrektheit werde die Wahrheit verschwiegen. Vor allem aber ist es nicht möglich, über wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Roma nachzudenken, wenn die Ausgangslage nicht klar benannt wird. Diese Maßnahmen müssen an verschiedenen Stellen ansetzen: Natürlich muss es darum gehen, die Lebensbedingungen der Roma in Bulgarien und Rumänien zu verbessern. Zugleich muss aber auch den deutschen Städten geholfen werden. Denn es wäre naiv anzunehmen, mit Sozialprogrammen in Südosteuropa könne diese Wanderungsbewegung schnell gestoppt werden.