Antifa gegen Rechtsextreme : Pirna und die Nebenwirkungen eines Wahlerfolgs
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Wie hier in Berlin, wollen am Samstag die Linken in Pirna demonstrieren. Bild: dpa/dpaweb
Der Einzug der NPD in den sächsischen Landtag verleiht Neonazis mehr Selbstbewußtsein. Aber auch ihre Gegner werden radikaler. Sie haben zu einer Demonstration gegen Rechte in Pirna aufgerufen.
Voller Sorge erwartet der Oberbürgermeister von Pirna, Markus Ulbig (CDU), den kommenden Samstag. Für diesen Tag haben sächsische Antifaschisten mit Unterstützung der PDS zu einer Demonstration in der nahe Dresden gelegenen Kreisstadt aufgerufen.
Der Staatsschutz rechnet mit Teilnehmern aus ganz Deutschland, weil die Szene seit Wochen intensiv im Internet für die Protestveranstaltung unter dem Titel „Schöner leben ohne Naziläden!“ wirbt. So organisiert beispielsweise eine Gruppe aus Köln laut eigener Darstellung im Netz einen Bustransfer nach Pirna. Unterdessen hat die in der Region Sächsische Schweiz besonders aktive rechtsextreme Szene zum Gegenprotest aufgerufen.
Neues Niveau der Radikalisierung
Eine Sprecherin der Pirnaer Polizeidirektion bestätigt, daß man sich auf Ausschreitungen vorbereite und deshalb Verstärkung angefordert habe. Nun wird befürchtet, daß die seit dem Wahlerfolg der NPD vor zwei Monaten in Sachsen beobachtete Radikalisierung beider Lager in Pirna ein neues Niveau erreichen könnte.
Die Antifa-Kampagne sei eine Reaktion „auf die nicht mehr zu akzeptierenden gesellschaftlichen Zustände in Sachsen, welche mittlerweile in der Wahl der NPD in den Landtag gipfelten“, heißt es auf einer im Internetportal der PDS veröffentlichten Einladung. Mit der Kampagne solle versucht werden, die Schließung der „Neonaziläden“ zu bewirken, da diese das wirtschaftliche Rückgrat der Szene darstellten. Sie seien zudem Treffpunkte für die Szene und ermöglichten es den Rechtsradikalen, auch unter nichtpolitischen Jugendlichen ihre Codes und Symbole zu etablieren. Auch werden in der Veröffentlichung unter der Zwischenüberschrift „Dem Eagele die Flügel stutzen...“ - ein Laden mit dem Namen „Eagle“ und zwei Versandunternehmen - in Pirna eingehend beschrieben.
„Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS)
In der Sächsischen Schweiz war die rechtsradikale NPD sowohl bei den Kommunalwahlen im Juni als auch bei der Landtagswahl am 19. September besonders erfolgreich. In einzelnen Gemeinden erreichte sie mehr als zwanzig Prozent der Stimmen. Die beiden Landtagsabgeordneten Johannes Müller und Uwe Leichsenring stammen aus der Region. Leichsenring hielt enge Kontakte zur mittlerweile verbotenen rechtsextremen Schlägertruppe „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS), die auch in den Straßen der 40.000-Einwohner-Stadt Pirna ihr Unwesen trieb.
Ziel der kriminellen, straff organisierten militärisch geprägten Vereinigung mit bis zu 120 Mitgliedern war es, die Region von Ausländern, Rauschgiftsüchtigen und Linken „zu säubern“. Nach Angaben der Veranstalter der Pirnaer „Antifa-Demonstration“ ist der Besitzer eines der Versandunternehmen, gegen die sich ihre Aktion richtet, führendes Mitglied der SSS gewesen.
Kritik an der Art der Zielverfolgung
Zwar unterstützt der Pirnaer Oberbürgermeister „das Grundanliegen der Veranstaltung, sich klar und deutlich gegen Läden, Versandorganisationen und ähnliches zu positionieren, die durch ihr Angebot dazu beitragen, rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten und rechtsextremistische Strukturen zu unterstützen“. Ebenso klar und deutlich aber wende er sich gegen die Art und Weise, wie die Organisatoren ihr Ziel verfolgen wollten. Die Internetankündigungen ließen keinen Zweifel daran, daß auch Gewalt offenbar als legitimes Mittel angesehen werde.