Morde von Hanau : Generalbundesanwalt stellt Ermittlungen ein
- -Aktualisiert am
Ein Bündnis Hanauer Jugendorganisationen während einer Demonstration am 19. Februar in Hanau Bild: dpa
Der Mörder von Hanau hatte laut Bundesanwaltschaft weder Mittäter noch Mitwisser. Trotzdem bleiben offene Fragen – etwa danach, wie er legal Waffen besitzen konnte, obwohl er mutmaßlich psychisch krank und polizeibekannt war.
Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen wegen des Anschlags von Hanau eingestellt. Nach den Morden an neun Menschen mit Einwanderungsgeschichte am 19. Februar hatte die Behörde gegen Unbekannt ermittelt. Fraglich war gewesen, ob der Mörder Tobias R. Mittäter oder Mitwisser gehabt hatte. Am Donnerstag teilte der Generalbundesanwalt (GBA) nun mit, das sich „keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser“ ergeben hätten. Tobias R. habe aus einer rassistischen Motivation heraus neun Menschen erschossen und zahlreiche weitere Menschen zum Teil schwer verletzt. Anschließend sei er in das auch von ihm bewohnte Elternhaus zurückgekehrt, wo er zunächst seiner Mutter und dann sich selbst mit einer Schusswaffe das Leben genommen habe.
Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt sind der Mitteilung des GBA zufolge 300 Hinweisen und Spuren zur Aufklärung der Hintergründe des Anschlags nachgegangen, darunter Anregungen von den am Verfahren beteiligten Opferanwälten. Insgesamt wurden über 400 Zeugen vernommen sowie mehrere Hundert Gegenstände durch die Kriminaltechnik untersucht. „Dabei haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass andere Personen in die Anschlagspläne von Tobias R. eingeweiht gewesen sein könnten.“
Ein rassistisches Weltbild geteilt
Nach der Tat hatten Angehörige der Opfer Strafanzeige auch gegen den Vater des Mörders gestellt, sie sehen ihn als Helfer, beide hätten ein rassistisches Weltbild geteilt. In der Anzeige hieß es, es bestehe der Anfangsverdacht, dass der Vater von den geplanten Taten gewusst und seinen Sohn darin bestärkt habe. Vom GBA hieß es nun dazu, die Ermittlungsergebnisse rechtfertigten nicht die Annahme, dass der Vater „in einer wie auch immer gearteten strafrechtlich relevanten Weise“ an den Anschlägen mitgewirkt oder von diesen gewusst haben könnte.
Einer gegen den Vater bei der Bundesanwaltschaft erstatteten Strafanzeige, in der ihm Angehörige sowie Überlebende Beihilfe zum Mord oder zumindest Nichtanzeige geplanter Straftaten vorgeworfen hätten, könne mangels Anfangsverdachts keine Folge gegeben werden. Weiterhin heißt es vom GBA, es gebe auch keine „tragfähige Grundlage“ für die Annahme, dass der Vater die Begehung der Taten für möglich gehalten oder diese sogar gefördert habe. R. habe ein „selbstbestimmtes Leben“ geführt. „Ein in erheblichem Umfang übereinstimmendes Weltbild von Vater und Sohn mit extremistischen und verschwörungstheoretischen Tendenzen“ könne nicht eine Teilnahme oder Mitwisserschaft begründen.
Die Einstellung des Verfahrens durch den GBA war seit längerem erwartet worden. Ungeachtet dessen gibt es zu den Taten eine Reihe offener Fragen, die derzeit ein Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag zu beantworten sucht. Offen ist etwa, wie R. legal Waffenbesitzkarten sowie Waffen besitzen konnte - obwohl er mutmaßlich psychisch krank und polizeibekannt war und obwohl er Anzeigen bei der Bundesanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Hanau erstattete hatte, die von seinem rassistischen Wahn zeugten. Zudem ist unklar, warum den Sicherheitsbehörden nicht das Pamphlet aufgefallen war, dass der Mörder Tage vor der Tat ins Internet gestellt hatte.
An diesem Freitag sowie am Montag sagen wieder Angehörige der Opfer als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss aus, so wie schon vor rund zwei Wochen bei der ersten öffentlichen Sitzung. Sie erheben seit den Taten schwere Vorwürfe gegen die Behörden.