Die vielen Fragen im Fall Anis Amri
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Der Breitscheidplatz im Dezember 2016 – Anis Amri hinterließ hier nur Tod und Verwüstung. Die Fragen rund um den Anschlag beschäftigen Deutschland noch heute. Bild: dpa
Zwei Jahre nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt beschäftigen sich noch immer drei Untersuchungsausschüsse mit dem Geschehen. Trotzdem ist noch vieles unklar.
Die Terrorfachleute der Polizei und des Verfassungsschutzes hatten es immer geahnt: Wenn es in Deutschland einmal zu einem schweren Anschlag durch einen Islamisten kommen werde, so sei es sehr wahrscheinlich, dass die Sicherheitsbehörden den Täter kennen würden. Als vor zwei Jahren fünf Tage vor Heiligabend der Tunesier Anis Amri mit einem Sattelzug in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz raste, hatte sich die Vorhersage erfüllt. Der Mann, der zwölf Menschen tötete und Dutzende zum Teil schwer verletzte, war den Behörden sogar besser bekannt als viele andere Personen, die sich im Milieu der Dschihadisten bewegen. In der Folge des Anschlags trat eine Vielzahl von Versäumnissen und Pannen zutage.
Der 24 Jahre alte Amri, der wenige Tage nach dem Anschlag auf seiner Flucht in Italien von der Polizei erschossen wurde, hätte aus Deutschland abgeschoben werden können, doch das gelang nicht. Stattdessen konnte er mit einem Dutzend Alias-Namen die Behörden in Nordrhein-Westfalen und Berlin ein ums andere Mal täuschen. Seine Kontakte zur Szene der radikalen Islamisten waren gut bekannt, unter anderem verkehrte er mit dem Hassprediger Abu Walaa, der mittlerweile in Deutschland vor Gericht steht. Die Berliner Polizei observierte ihn monatelang, weil es die Information gab, dass er sich eine Waffe besorgen wolle. Doch als Amri diesen angeblichen Plan nicht in die Tat umsetzte, stellte die Polizei im Sommer 2016 die Beobachtung ein. Amri dealte mit Drogen, er schaute sich im Internet Pornos an, suchte auf Facebook nach einer Frau, ignorierte die Fastenregeln des Ramadans. Für die Beamten war er auf dem Weg, ein gewöhnlicher Kleinkrimineller zu werden, der mit einem gefährlichen „Gotteskrieger“ immer weniger gemein hatte.
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