Noch ist nicht bekannt, wer als „G0d“ den Angriff auf sensible Daten von politischen Personen geplant und ausgeführt hat. Bild: dpa
Die Veröffentlichung von sensiblen Daten politischer Personen wird zurecht als ein Angriff auf die Demokratie bezeichnet – der uns, frei von Gewöhnungseffekten, einmal mehr unsere digitale Verletzlichkeit vor Augen führen sollte. Ein Kommentar.
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Es mag sehr viel dafür sprechen, dass es sich bei der Zurschaustellung privater Dokumente und Daten von Mandatsträgern, anderen Politikern und Personen des öffentlichen Lebens nicht um klassisches Hacken, sondern „nur“ um die „Fleißarbeit“ eines oder mehrerer sammelwütiger Datendiebe handelt. Noch ist nicht sicher, aus welchen Quellen oder Netzwerken die Daten stammen, geschweige denn, wer dahintersteckt – organisierte Kriminalität, politische Extremisten oder gar Staaten wie Russland oder China, wie sogleich geraunt wurde. Wie so oft in solchen Fällen lassen sich Spuren gut verwischen, und man erfährt nie ganz sicher, wer es war. Der oder die Täter können auf diese Weise nicht dingfest gemacht werden, zeigen aber, was sie anrichten können, oder können buchstäblich Kapital daraus schlagen. Denn selbst wenn die erbeuteten Daten keine „sensiblen“ Informationen enthalten sollten, birgt jeder Hacker-Angriff ein Erpressungspotential.
Das macht diesen Angriff aber zu dem, was zu Recht am Freitag als Angriff auf das Parlament und damit auf die Demokratie bezeichnet wurde. Zumal dann, wenn vor allem Abgeordnete des Deutschen Bundestags betroffen sind. Dass er so lange zumindest in der Öffentlichkeit unerkannt blieb, lässt sich darauf zurückführen, dass es wirklich niemand gemerkt haben könnte (bis auf die Sicherheitsbehörden, möchte man hoffen). Einzelne Reaktionen Betroffener lassen aber auch darauf schließen, dass dazu ein fortgeschrittener Gewöhnungseffekt beigetragen hat – nichts Neues, es passiert täglich, hatten wir schon. Gelassenheit ist zwar nie ein schlechter Ratgeber, allerdings ist sie in diesem Fall gespielt. Denn niemand kann ein Interesse daran haben, dass die Schutzlosigkeit der Privatsphäre vorgeführt wird. Misstrauen, Einschüchterung und Verunsicherung sind die Folge und das Ziel solcher digitalen Zersetzungskampagnen.
Dass kein AfD-Politiker betroffen ist, wie am Freitag besonders häufig erwähnt wurde, lässt sich so oder so deuten: Stecken die Täter mit ihnen unter einer Decke, oder wollten sie den Verdacht auf sie lenken? Cyberangriffe wie dieser gehören jedenfalls zur Kriegsführung einer politischen Haltung, die dem Freund-Feind-Schema gehorcht. Im Zeitalter der Internetkriminalität sind die Sympathisanten verfassungsfeindlicher Kräfte zwar wie digitale Partisanen unterwegs und deshalb kaum zu fassen. Aber meist hilft schon die Frage: Cui bono?