Affäre des Bundespräsidenten : „Warum in aller Welt tut Wulff das McAllister an“
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Wulff und sein Nachfolger als Ministerpräsident von Niedersachsen, David McAllister Bild: dapd
Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) hat sich als erstes niedersächsisches Regierungsmitglied öffentlich von Bundespräsident Wulff distanziert. Die Angaben der Landesregierung im Landtag, die mit Wulff abgesprochen waren, hätten sich als „schlicht falsch“ erwiesen.
Der niedersächsische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Jörg Bode (FDP) hat sich als erster Minister in Hannover öffentlich von Bundespräsident Wulff distanziert und ihn für die jüngsten falschen Aussagen der Landesregierung über den „Nord-Süd-Dialog“ mit verantwortlich gemacht. Die Angaben der Landesregierung im Landtag seien mit dem Präsidialamt abgesprochen gewesen, hätten sich aber als „schlicht falsch“ erwiesen, sagte Bode der „Bild“-Zeitung. „Wulff war für die Antwort mit verantwortlich. Was genau er gewusst hat, wird jetzt zu klären sein.“
Bode fragte: „Warum in aller Welt tut Christian Wulff McAllister das an?“ Er lasse seinen Nachfolger als Ministerpräsident in die „völlig falsche Richtung laufen, wenn doch irgendwann alles rauskommt“, kritisierte Bode. In Hannover werden diese Aussagen Bodes als „Testballon“ für den künftigen Umgang der Landesregierung mit dem Verhalten Wulffs interpretiert, der in seiner Amtszeit als Ministerpräsident die Mehrzahl der Minister noch selbst in ihr Amt berufen hat. Auch heißt es, Wulff zeige der Landesregierung und auch der Union keine Loyalität. Zudem wird erörtert, wann der frühere Wulff-Sprecher Glaeseker, gegen den wegen Bestechlichkeit ermittelt wird, sich von den derzeitigen Debatten so gereizt fühlt, dass er zu „sprechen“ beginne.
In der niedersächsischen CDU sieht man sich vor ein Dilemma gestellt. Loyalität gegenüber Wulff stehe im Widerspruch zum angestrebten Sieg bei der Landtagswahl 2013. Für die Nervosität spricht, dass derzeit innerhalb des Kabinetts mehr vertrauliche Dokumente als üblich im Umlauf sein sollen. Der Umgang mit den Vorwürfen gegen Wulff war vor drei Wochen im Kabinett beraten worden, nachdem alle Anwesende außer den Ministern, also selbst Staatssekretäre, den Raum verlassen mussten.
Innenminister Schünemann (CDU) ist der einzige, dem eine - nach innen - klare kritische Haltung gegenüber Wulff nachgesagt wird. Indes hatte auch jener Minister, der am stärksten Wulff verbunden ist, Finanzminister Möllring (CDU), auf Wulffs Verantwortung gewiesen. Möllring hatte gesagt, Wulff habe die Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der SPD mit seinem grünen Stift korrigiert und daher - „pingelig“ wie er sei - folglich wohl auch gelesen. Möllring dürfte sich von Wulff getäuscht fühlen, da er die von ihm erteilte Antwort zuvor mit diesem persönlich abgestimmt hatte. Dass die Antwort, die Landesregierung sei finanziell und organisatorisch nicht an der Organisation des „Nord-Süd-Dialogs“ beteiligt, objektiv falsch war, bestätigt mittlerweile auch die niedersächsische Staatskanzlei. Die SPD will deshalb, möglicherweise in der kommenden Woche, vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg klagen.
Der SPD-Bundesvorsitzende Gabriel bezeichnete das Verhalten Wulffs unterdessen als „Turbolader für Politikverdrossenheit“. Gabriel erinnerte an die Rücktritte der früheren Bundesminister Georg Leber (SPD) und Rudolf Seiters (CDU). „Da herrschten noch die Selbstreinigungskräfte der Demokratie. Heute verweist ein Amtsinhaber auf die Fehler seiner Mitarbeiter, damit er im Amt bleiben kann“, sagte Gabriel dem Internetdienst „Abendblatt.de.“