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AfD und Pegida : Deutsche Glücksgefühle mit Björn und Lutz

  • -Aktualisiert am

Im Bier-Dunst des deutschnationalen Taumels: Björn Höcke beim Politischen Aschermittwoch der AfD Bild: dpa

Gegen „Volksverräter“, „linke Spackos“ und „Kameltreiber“: Nach dem Austritt von Frauke Petry zeigen ostdeutsche AfD-Landesverbände ihre Radikalität – und ihre Einigkeit mit Pegida. Und Björn Höcke ist der Star des Abends.

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          Die Veranstaltung hat kaum begonnen, da ruft der Saal schon „Höcke! Höcke! Höcke!“ Thüringens AfD-Vorsitzender genießt an einem Biertisch rechts der Bühne sichtlich die ungeteilte Aufmerksamkeit, die Menschen stehen Schlange, um ein Selfie mit ihm zu ergattern. Lächelnd nimmt er abwechselnd rechts und links Frauen und Männer in den Arm. Höcke ist der Star des Abends und darf deshalb erst am Ende, quasi als Höhepunkt, reden. Die Menge aber wird auch zwischendurch immer wieder seinen Namen skandieren, gerade so, als könnte er vergessen werden.

          Stefan Locke
          Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

          Dass das nicht passiert, darauf achtet an diesem Abend schon Egbert Ermer, ein Mittfünfziger im Trachtenjanker aus dem AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, der montags öfter bei Pegida auftritt und jetzt sichtlich stolz durch das Programm führt. Die AfD hat eine „Kracherveranstaltung“ mit allen Ost-Vorsitzenden angekündigt und dafür in eine Lagerhalle auf einem Feld bei Pirna geladen, eine Blaskapelle aus Olbernhau im Erzgebirge engagiert und für reichlich Bier und Bratwurst gesorgt. Gut tausend Anhänger sind der Einladung gefolgt, darunter in Reihe 1 auch die Pegida-Organisatoren um Lutz Bachmann, der zu Beginn immer wieder demonstrativ an den zahlreichen Kameras vorbeiläuft, wie um zu zeigen, dass er auch noch da ist. Die Olbernhauer Bläser spielen unterdessen „Alte Kameraden“, „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ sowie den Erzgebirgs-Klassiker „Deitsch un frei woll’mer sei“.

          Erstmals findet der Politische Aschermittwoch aller ostdeutschen AfD-Verbände (mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns) gemeinsam statt, im Vorjahr hatte Frauke Petry, damals noch Vorsitzende in Sachsen, die Teilnahme ihres Landesverbandes an einer ähnlichen Veranstaltung in Sachsen-Anhalt untersagt. Den „mitteldeutschen AfD-Verbänden“, wie sie sich selbst bezeichnen, ist es eine Genugtuung, sich in dem Wahlkreis zu treffen, in dem Frauke Petry das Direktmandat geholt und auch nach ihrem Parteiaustritt behalten hat. In der Gemeinde Bahretal etwa, zu der Nentmannsdorf gehört, holte die AfD bei der Bundestagswahl gut 43 Prozent – vier Prozent mehr als CDU, SPD, Linke, Grüne und FDP zusammen. Petrys Name fällt nicht an diesem Abend, stattdessen wird sie wahlweise nur als „die bestimmte Person“, „diese Dame“ oder „Mutterschaftsurlauberin“ bezeichnet, worauf das Publikum stets mit „Volksverräter“-Rufen reagiert.

          Noch eine Woche zuvor hatte Petry in Pirna ihr Wahlkreisbüro eröffnet und dabei auf Nachfrage sehr deutlich gemacht, dass die AfD ihr starkes Abschneiden in der Region vor allem ihr zu verdanken hat. In der Halle in Nentmannsdorf sehen sie das freilich völlig anders: Spätestens 2019, so der formulierte Anspruch, werde die AfD erst die sächsische Staatskanzlei und direkt im Anschluss auch die Regierungszentralen in Thüringen und Brandenburg erobern. Das Programm, mit dem das gelingen soll, besteht im Grunde aus zwei Punkten, die an diesem Mittwochabend zigfach wiederholt und bejubelt werden: „Grenzen dicht“ und „Merkel muss weg“. Das wirkt freilich ein wenig wie in der Familie eines Alkoholikers, in der sich alle Angehörigen einreden, dass sämtliche Probleme verschwänden, wenn nur Vater endlich nicht mehr trinken würde.

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