Kommentar : Gaulands Populismus
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Populist: Alexander Gauland Bild: dpa
Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland ist einer der wenigen, die sich zum Populismus bekennen. Er will für die Interessen der Mehrheit einstehen, doch die Mehrheit will nicht hinter ihm stehen. Ein Kommentar.
Die wenigsten Populisten wollen auch so heißen. Alexander Gauland ist eine wohltuende Ausnahme. Er bekennt sich schon seit längerem dazu, dass die AfD populistische Inhalte brauche. Jetzt hat Gauland für die Frankfurter Allgemeine Zeitung sogar ein kleines Manifest dazu geschrieben. Populismus ist demnach nötig, weil die Eliten sich vom Volk abgelöst haben. Angeblich herrscht in Politik, Wirtschaft und Medien eine „abgehobene Parallelgesellschaft“, die sich an der Globalisierung nährt. Dagegen vertritt die AfD die Interessen der „einfachen Menschen“ und der „bürgerlichen Mittelschicht“, für die Heimat noch ein Wert an sich ist. Schöne Pointe: Die Populisten vertreten die große Zahl des Volkes, während die Elite nur aus ein paar Weltbürgern besteht.
Sonderlich originell ist das nicht. So geht Elitenkritik, seit es Eliten gibt – also immer schon. Denn die egalitäre Gesellschaft, das Wunderreich des Kommunismus, ist eine Utopie geblieben. Als Gauland noch ein Konservativer war, verstand er das von selbst. Nun aber kämpft er „gegen das Establishment“, sieht sich als Revolutionär und steht Sahra Wagenknecht näher als Edmund Burke. Doch selbst wenn Rechtsaußen und Linksaußen in einem Team spielen: Die gesellschaftliche Mehrheit steht immer noch auf der anderen Seite des Platzes. Achtzig Prozent der Deutschen wählen Parteien, die zwar populär sein wollen, nicht aber populistisch. Was sind denn das für Leute?
Eliten sicher nicht. Sondern die Mitte der Gesellschaft, breiter und wohlhabender als je zuvor. Diese Menschen wissen sehr wohl, wo sie herkommen, auch wenn sie andernorts leben. Sie sprechen fremde Sprachen und reisen gern ins Ausland; je weiter, desto besser. Aber die wenigsten lassen sich dort nieder. Oder sitzen selbstzufrieden in ihrem Penthouse herum. Die meisten haben Ziele in ihrem Leben, große und kleine, sie kommen voran, scheitern aber auch. Sie wissen genau, dass die Globalisierung kein Spaziergang ist, dass sich die Wirtschaft verändert, ihr Arbeitsplatz, und dass Europa sich nicht gegen den Rest der Welt abschotten kann. Wer mit wachen Augen auf die Welt schaut, sieht bunt und nicht schwarz-weiß.
Vielfalt hält die moderne Gesellschaft in Bewegung. Sie besteht aus Schichten, nicht aus Klassen; aus Interessengruppen, nicht aus einem homogenen Volkskörper. Ihr Organisationsprinzip ist die Arbeitsteilung. Das gilt auch für die Politik: Einige regieren, aber alle wählen, der Wechsel ist ein Korrektiv. Eliten müssen sich bewähren; Geburtsadel spielt keine Rolle mehr. Wer das alles zu anstrengend findet, hat es schwer. Aber immerhin, er ist nicht allein. Es gibt ja noch die AfD.