Bundestagsvizepräsidenten-Wahl : Karlsruhe weist auch zweite Klage der AfD ab
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Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht (Peter Müller, die Vorsitzende Doris König, Peter M. Huber, Sibylle Kessal-Wulf und Christine Langenfeld, v.l.n.r.), verkündet das Urteil zur Wahl einer Vizepräsidentin oder eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages. Die Organklage des AfD-Abgeordneten Fabian Jacobi wurde abgewiesen. Bild: dpa
Die AfD-Fraktion im Bundestag ist auch mit einer zweiten Klage zur Wahl der Vizepräsidenten des Bundestags gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht wies sie als offensichtlich unbegründet zurück.
Die AfD-Fraktion ist auch mit einer zweiten Klage in Karlsruhe zur Wahl der Bundestagsvizepräsidenten gescheitert. Die Fraktion hatte in der zweiten heute verhandelten Organklage versucht, einen Posten für sich im Bundestagspräsidium beim Bundesverfassungsgericht zu erstreiten. Die Karlsruher Richterinnen und Richter wiesen den Antrag als offensichtlich unbegründet zurück, wie sie am Dienstag mitteilten. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Bundestags, die Wahl so auszugestalten, dass das Ergebnis zugunsten der AfD ausfalle, bestehe nicht, hieß es zur Begründung. (Az. 2 BvE 9/20)
Unmittelbar zuvor hatten sie auch ihr Urteil zur erfolglosen Klage eines einzelnen AfD-Abgeordneten verkündet. Darin hatte der AfD-Abgeordnete Fabian Jacobi versucht, als einzelner Abgeordneter einen Kandidaten für das Amt vorzuschlagen. Laut Bundesverfasssungsgericht darf der Bundestag aber das Vorschlagsrecht für die Posten der Vizepräsidenten auf die Fraktionen beschränken. (Az: 2 BvE 2/20)
Jacobi und im vorausgehenden Eilverfahren auch die AfD wollten erreichen, dass spätestens im zweiten Wahlgang auch einzelne Abgeordnete ein Vorschlagsrecht für die Vizeposten haben. Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass der Bundestag dieses Vorschlagsrecht auf die Fraktionen beschränken durfte.
Hintergrund des Verfahrens ist das Scheitern der AfD-Kandidaten bei der Verteilung der Vizeposten für das Bundestagspräsidium der vergangenen Wahlperiode. Laut Geschäftsordnung steht zwar jeder Fraktion mindestens ein Sitz im Präsidium zu, allerdings werden die Mitglieder von den Abgeordneten gewählt. Dazu braucht es im ersten und im zweiten Wahlgang eine absolute, in einem dritten Wahlgang dagegen nur eine einfache Mehrheit.
Bei einem Wahlversuch im November 2019 hatte Jacobi angekündigt, er wolle neben dem Vorschlag seiner Fraktion einen eigenen Wahlvorschlag machen. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und dann auch die sitzungsleitende Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) lehnten dies ab, weil einem einzelnen Abgeordneten kein solches Vorschlagsrecht zustehe.
„Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt“
Dagegen strengte Jacobi das nun entschiedene sogenannte Organstreitverfahren in Karlsruhe an. Er sah sein im Grundgesetz verankertes Recht auf Mitwirkung aller Abgeordneten verletzt. Hierzu betonte nun das Bundesverfassungsgericht, dass diese Abgeordnetenrechte zum „Schutz gleichwertiger Verfassungsgüter“ eingeschränkt werden dürfen. Konkret sei dies hier im Interesse der Funktionsfähigkeit des Parlaments geschehen.
Zur Begründung verwies das Bundesverfassungsgericht auf die Geschäftsordnungsklausel, wonach jeder Fraktion mindestens ein Vizeposten im Präsidium zusteht. Dies hätten Schäuble und Pau so ausgelegt, dass das Vorschlagsrecht dann auch bei der Fraktion liegen muss. Dies sei naheliegend, und verfassungsrechtlich gebe es dagegen keine Bedenken.
Auch der damit verbundene Eingriff in das freie Abgeordnetenmandat sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Durch das Vorschlagsrecht der Fraktionen würden diese in die Leitung des Bundestags eingebunden. Die Akzeptanz von Organisationsentscheidungen des Bundestagspräsidiums in den einzelnen Fraktionen werde so verbessert.
Bei einem Vorschlag durch einzelne Abgeordnete könne dagegen ein Kandidat gewählt werden, der nicht das Vertrauen seiner Fraktion genießt, betonten die Karlsruher Richter. Das gelte umso mehr, wenn wie hier ein solcher Vorschlag neben den Wahlvorschlag der Fraktion tritt. Stattdessen habe Jacobi die Möglichkeit gehabt, sich innerhalb der eignen AfD-Fraktion für seinen Kandidaten einzusetzen.