https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-bezeichnet-waehler-in-vertraulichem-papier-als-zielscheiben-14745611.html

Wahlkampf der AfD : Die Strategie der Provokateure

An anderer Stelle heißt es: „Die AfD lebt gut von ihrem Ruf als Tabubrecherin und Protestpartei. Sie braucht sich dessen nicht zu schämen.“ Und: „Die AfD muss – selbstverständlich im Rahmen und unter Betonung der freiheitlich demokratischen Grundordnung unseres Landes – ganz bewusst und ganz gezielt immer wieder politisch inkorrekt sein, zu klaren Worten greifen und auch vor sorgfältig geplanten Provokationen nicht zurückschrecken. Dabei muss die Seriosität allerdings gewahrt werden. Klamauk, Negativismus um jeden Preis und Hetze haben bei der AfD keinen Platz“, heißt es in dem Papier.

Woanders steht hingegen: „Die AfD muss sich – auch mit Blick auf die politische Mitte – klar zum Parlamentarismus und der Notwendigkeit sachbezogener Arbeit im Interesse der Bürger bekennen.“ Der Widerspruch zwischen dem Verzicht auf „differenzierte Ausarbeitungen“ und dem Bekenntnis zu „sachbezogener Arbeit“ wird in dem Papier nicht aufgelöst.

Die AfD setzt auf die „Eskalation der Konflikte“

Was das Verhältnis zu anderen Parteien anbelangt, enthält das Wahlkampfkonzept ein nicht unerhebliches Geständnis. Die AfD-Funktionäre wollen andere Parteien ungeachtet der Sinnhaftigkeit ihrer Politik angreifen. Das Prinzip soll lauten: Ganz gleich, was die von der AfD so genannten Altparteien tun, die AfD-Funktionäre wollen widersprechen und radikaler sein.

„Als wirksame Maßnahme“ habe sich unter anderem „die Eskalation der Konflikte“ erwiesen. Gemeint ist damit die „Verschärfung der inhaltlichen Positionierung der AfD, sobald die Altparteien sich bewegen. Die AfD muss ihnen immer einen Schritt voraus sein, was inhaltlich nicht schwerfällt, sofern man konfliktbereit ist.“ Wie diese reflexhafte Eskalation ohne Blick auf die tatsächliche Umsetzbarkeit politischer Forderungen vereinbar ist mit der an anderer Stelle des Papiers beteuerten „inhaltlichen Kompetenz“, wird nicht erläutert.

Kongress in Koblenz : Tausende protestieren gegen Rechtspopulisten

Die Parteiführung will auch prüfen, ob sie kritischen Berichten von Medien künftig „Instrumente der Gegenmacht“ entgegenstellen kann. Zum Beispiel „ein eigenes Fernsehstudio, eigenen Radiosender, eine eigene Zeitung/Zeitschrift“ oder auch „Bücher AfD-freundlicher Autoren“. So wolle man vermeiden, „den Verbiegungen und Verleumdungen des politischen oder medialen Mainstreams“ ausgesetzt zu sein. Einen eher gewagten Optimismus zeigt die Parteiführung an einer Stelle des Papiers, an der sie behauptet: „Der Führungsstreit ist beigelegt.“ Vor dem Hintergrund, dass nach den Äußerungen des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke zur deutschen Erinnerungskultur an den Holocaust wieder ein veritabler Machtkampf ausgebrochen ist, wirkt diese Feststellung gewagt. Das Papier wurde allerdings vor Höckes Rede verfasst und verabschiedet.

Die Wahl als „Plebiszit gegen Merkel“

Auf insgesamt zehn Seiten wird auch die Haltung der AfD zu politischen Gegnern festgelegt. Den Unionsparteien will die AfD im Bundestagswahlkampf zum Beispiel vorwerfen, sich zu weit nach links bewegt zu haben. Die CSU sei zwar „in ihren Forderungen und in ihrer Wortwahl oft kaum noch von der AfD zu unterscheiden“, sie könne sich aber gegenüber der CDU nicht durchsetzen. Besonders die Kanzlerin will die AfD angreifen, man wolle aus der Bundestagswahl ein „Plebiszit gegen Angela Merkel“ machen.

Der SPD will die AfD vorwerfen, „längst nicht mehr die Partei der ,kleinen Leute‘“ zu sein. „Nur noch die AfD kümmert sich um die ,kleinen Leute‘.“ Die Linkspartei will die AfD auf andere Weise angreifen. Diese sei „längst keine Alternative mehr zu den Altparteien, sondern will mit ihnen eine Regierung bilden“. Sie habe sich deshalb „an die Altparteien angepasst“. Nur die AfD sei „noch eine echte Oppositionspartei“.

Die Grünen werden in dem Papier als „der eigentliche Gegner der AfD“ bezeichnet und als eine „Verkörperung der Irrwege der 68er Generation“. Außerdem seien die Grünen „längst zur Partei der Wohlhabenden und der Intoleranz“ geworden. Mit der FDP sieht sich die AfD lediglich im Wettbewerb um das „liberal-konservative Milieu“. Der Partei soll vorgeworfen werden, sich „nur für den Schutz der Reichen und die Interessen von finanzstarken Lobbyisten“ einzusetzen.

Im Ergebnis erwartet die AfD-Führung für ihre Partei „mit großer Wahrscheinlichkeit“ ein Wahlergebnis zwischen zwölf und 15 Prozent der Stimmen. Das entspricht ihren aktuellen Umfragewerten. Eine Steigerung – etwa durch einen besonders geschickt konzeptionierten Wahlkampf – erwartet die Parteiführung folglich nicht.

Weitere Themen

Sportstadt Nummer eins

Zukunftspläne für Frankfurt : Sportstadt Nummer eins

Ein „Manifest“ soll es möglich machen: Bis 2035 will Frankfurt in Sachen Sport spitze sein. Dazu soll der Sportetat der Stadt an den Kulturetat angepasst werden.

Topmeldungen

Newsletter

Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.