AfD-Adventskalender : Luther, Brecht und andere weiße Männer
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Soll als „Etabliertenschreck“ für eine „sehr weiße Weihnacht“ sorgen: Das denkt die AfD über Martin Luther. Bild: dpa
Die AfD präsentiert im Internet einen Adventskalender der besonderen Art: Jeden Tag versteckt sich ein weißer Mann hinter den Türchen. Denn diese Bevölkerungsgruppe ist ihrer Ansicht nach gefährdet.
Zur schönsten Zeit des Jahres beschert die AfD im Abgeordnetenhaus von Berlin im Internet einen Adventskalender, der täglich mit einem neuen Video überrascht. Unter dem Stichwort „Aktion Weiße Weihnacht“ werden nicht etwa schneebedeckte deutsche Auen präsentiert oder Rezepte für heimisches, mit Puderzucker bestreutes Weihnachtsgebäck. In Zeiten, in denen sich ihr großes Feindbild, eine ostdeutsche Frau, von der politischen Bühne zurückzieht, wendet sich die AfD einer ihrer Ansicht nach gefährdeten Bevölkerungsgruppe zu: den weißen Männern.
Die würden im Zuge einer „längst aus den Fugen geratenen Gender-Kampagne“ verächtlich gemacht, der weiße Mann sei zu einem Schimpfwort geworden. So formuliert es der Berliner Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski in einer am Donnerstag verbreiteten Mitteilung. Im Zuge dieser „grassierenden Diskriminierung“ gebe es „Forderungen, die auf eine bewusste Benachteiligung von weißen Männern im Wettbewerb um Arbeitsplätze, Karrierechancen, öffentliche Auftritte oder staatliche Zuwendungen hinauslaufen“.
Als Kontrapunkt zu dieser „öffentlichen Herabsetzung von weißen Männern“, wie sie Grüne und Linke praktizierten, hat die AfD ihre Kalenderaktion gestartet, ganz modern mit dem Hashtag „JaZuWeißenMännern“. Türchen für Türchen werden 24 weiße Männer vorgestellt, die „unser Land, unsere Zivilisation und die Entwicklung der Welt entscheidend geprägt haben“. Jeweils ein Abgeordneter präsentiert vor einer mannshohen Weihnachtspyramide im Abgeordnetenhaus einen solchen Mann, begleitet wird das ganze von Klaviergeklimper und digital zugesteuertem leichten Schneefall.
Schon der erste weiße Mann ist bemerkenswert: Bertolt Brecht. Politisch vielleicht nicht ganz auf Linie der AfD, aber dafür ein echter Mann. Auch die anderen ausgewählten Männer können sich sehen lassen: Helmut Schmidt, „einer der größten Kanzler“ und „Kämpfer gegen linken Terror“, Martin Luther, der als „Etabliertenschreck“ für eine „sehr weiße Weihnacht“ sorgen soll, und auch Ronald Reagan, der „Bezwinger des Kommunismus“. Die genannten Herren können sich alle nicht mehr wehren, von der AfD gefeiert zu werden, im Gegensatz zu Thilo Sarrazin, der am 3. Dezember im Türchen erscheinen durfte. Für den Nikolaustag hat sich Pazderski, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender ist, den früheren Papst Johannes Paul II. als seinen weißen Lieblingsmann ausgesucht, der habe den Kommunismus in Polen besiegt und letztlich die deutsche Einheit bewirkt. Ob der polnische Papst mit seinem Eintreten für Migranten eine Chance gehabt hätte, AfD-Mitglied zu werden, wird allerdings nicht erörtert.
Bei weißen Männern mittleren Alters, das zeigen die Wahlergebnisse, ist die AfD überdurchschnittlich beliebt. Und: Wenn der weiße Mann ansonsten überall bedroht ist, so müssen die Berliner AfD-Abgeordneten in ihrer eigenen Fraktion noch nicht um den dominierenden Männerstatus fürchten. Von 22 Abgeordneten sind genau zwei weiblichen Geschlechts, also zehn Prozent. Das entspricht genau der Quote weiblicher Abgeordneter in der Bundestagsfraktion der AfD.