Streit über Antisemitismus : Weiterer Abgeordneter verlässt die AfD in Baden-Württemberg
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Baden-Württemberg: Abgeordneter Heinrich Fiechtner verlässt die AfD. Bild: dpa
In Baden-Württemberg verliert die stärkste Oppositionspartei im Landtag abermals einen Abgeordneten. Heinrich Fiechtner begründet seinen Austritt mit dem Umgang des antisemitischen AfD-Politikers Wolfgang Gedeon.
Die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag verliert schon wieder einen Abgeordneten. Der 57 Jahre alte Abgeordnete Heinrich Fiechtner hat am Freitag seinen Austritt aus Fraktion und der Partei mitgeteilt. „Diese Fraktion befindet sich auf einer abschüssigen Bahn, deshalb habe ich heute per Brief mitgeteilt, dass ich die Partei und die Landtagsfraktion verlassen werde“, sagte Fiechtner im Gespräch mit FAZ.NET.
Der Arzt – er trat der AfD kurz nach der Gründung bei – begründet seinen Schritt mit den Versuchen einiger Fraktionsmitglieder, den antisemitischen Abgeordneten Wolfgang Gedeon wieder in die Fraktion aufzunehmen. In dieser Woche war dies zum Beispiel von dem AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple gefordert worden, zudem hatte die Fraktion beschlossen, dass Gäste, und somit auch Gedeon, an Arbeitskreissitzungen der Fraktion künftig teilnehmen können. Fiechtner sprach von einer Verwahrlosung und machte hierfür auch den designierten Fraktionsvorsitzenden Bernd Gögel verantwortlich.
Mit dem Austritt Fiechtners gehören der AfD-Fraktion nun noch 20 Abgeordnete an. Würde ein weiteres Abgeordneter die Fraktion verlassen, wäre die AfD nicht mehr stärkste Oppositionsfraktion. Der SPD-Landtagsfraktion gehören 19 Abgeordnete an. Fiechtner übte auch Kritik an der Bundesführung der AfD: Er habe dem Bundesvorstand über die Zustände in der Landtagsfraktion berichtet, aber dafür habe sich dort niemand interessiert. „Ich habe weder von Herrn Gauland noch von Frau Weidel eine vernünftige Antwort erhalten“, sagte Fiechtner. Zur Rolle und zu den Führungsqualitäten des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen, der im Dezember ins Europa-Parlament wechselt, sagte Fiechtner: „Er hat immer darauf geachtet, eine Führungsposition zu behalten.“
Inhaltliche Fragen hätten ihn weniger interessiert. Die Fraktion hatte Fiechtner nach dessen umstrittener Rede zur Gesundheitskarte für Flüchtlinge aus den Ausschüssen des Landtags abgezogen und ihm schon Ende 2016 ein Redeverbot erteilt. Obwohl das baden-württembergische Landesverfassungsgericht die Sanktionen vor allem aus Verfahrensfragen als verfassungswidrig gerügt hatte, wurde Fiechtner nicht wieder gestattet, sein freies Mandat in der Ausschüssen wahrzunehmen.