Die verlorene Heimat
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Vor einem Jahr: Nach der Wahl Kramp-Karrenbauers zur CDU-Vorsitzenden verlassen Jens Spahn und Friedrich Merz die Parteitagsbühne. Bild: dpa
Für viele in der Union war Schwarz-Grün mal eine moderne Idee. Jetzt wächst die Angst, dass die Grünen übermächtig werden – und sie selbst als Juniorpartner enden.
Es gibt in der CDU einen Sehnsuchtsort, von dem nicht nur die Alten in diesen unruhigen und ungewissen Tagen schwärmen wie von der verlorenen Heimat. Einer Heimat, in der noch alles gut war, in der die Felder noch fruchtbar waren, der Hof groß und gesund, die Vormachtstellung der Familie unbestritten, die Anhängerschaft selbstverständlich loyal. Dieser Sehnsuchtsort tauchte zum letzten Mal am Abend des 22. September 2013 im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin auf. CDU und CSU hatten bei der Bundestagswahl zusammen mehr als 40 Prozent erzielt, nach Mandaten war die absolute Mehrheit zum Greifen nah.
Mancher Christdemokrat redet sich heute noch ein, man habe im Jahr 2013 mit einem konsequenten CDU-Profil fast die absolute Mehrheit erobert und müsse nur wieder so werden wie damals. Dabei war das so spektakulär wirkende Ergebnis der Union 2013 nur relativ gut, weil die AfD – und die FDP – um Haaresbreite an der Fünfprozent-Hürde gescheitert waren, also ihre zusammen fast zehn Prozent der Stimmen keine Wirkung entfalteten. Man wollte nicht sehen, will es bis heute nicht. Auf der Homepage des Bundeswahlleiters wird zwar das 4,8-Prozent-Ergebnis der FDP gesondert aufgeführt, die 4,7 Prozent der AfD werden jedoch in der Rubrik „Sonstige“ versteckt. Dieser Selbstbetrug, diese Hoffnung, dass es nur ein kurzer Spuk sei, der vorüber gehen werde, war der Anfang von einem langen Sinkflug der CDU.
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