Schäubles Lawinenvergleich : „Natürlich hat so ein heftiges Bild Folgen“
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Wolfgang Schäuble, aufgenommen am 5. November in Berlin, ist für eine härtere Rhetorik bekannt. Bild: AFP
War Wolfgang Schäubles Lawinenvergleich unpassend oder bloß bildhaft? Beides, sagt ein Sprachforscher. Für den Bundesfinanzminister hätte er aber einen eindeutigen Rat.
Die Sprache in der Politik ist nach Einschätzung von Sprachforschern oft bildhaft – und das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gewählte Lawinenbild gar nicht so selten. „Dass Politik häufiger dramatische Bilder wählt für weniger dramatische Ereignisse ist nicht unüblich“, sagte der Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, Ludwig Eichinger, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
Es gebe eine gewisse Neigung, Naturerscheinungen für Dinge zu verwenden, die unberechenbar erschienen. Die anhaltende Flüchtlingsbewegung als „Lawine“ zu bezeichnen, hätte Schäuble nach Meinung von Eichinger aber besser unterlassen sollen. „Ich hätte es an der Stelle nicht gemacht.“ Es sei unnötig und dramatisierend.
Schäuble habe wohl bildhaft deutlich machen wollen, dass etwas komme, womit man nicht gerechnet habe. Der CDU-Politiker sei bekannt für seine härteren rhetorischen Mittel – anders als Kanzlerin Angela Merkel („sachlich“) oder Außenminister Frank-Walter Steinmeier („diplomatisch“). „Ich würde ihm zu vorsichtigeren Formulierungen raten. Flüchtlinge sind keine Naturkatastrophe.“
„Natürlich hat so ein heftiges Bild Folgen“, sagte Eichinger. Auf politisch anfällige Menschen könne dies anstachelnd wirken und zur Verschärfung beitragen. „Es kommt auf den Rezipienten an.“ Viele Menschen könnten Politikeräußerungen aber relativieren.