„Harte Bretter“ : Nach dem Motto: Warten wir es doch einfach mal ab
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Angela Merkel: Eine Rede, die ein bedenkliches Vakuum hinterlässt Bild: AFP
Die Rede der CDU-Vorsitzenden hat die Akzente gesetzt, die Angela Merkel schon immer als Kanzlerin gesetzt hat. Vieles wird damit aber nicht angesprochen, was längst hätte angesprochen werden müssen. Das überlässt die CDU der Straße. Ein Kommentar.
Es hat nichts gefehlt in der Rede von Angela Merkel. Von Herausforderungen und Erfolgen sprach die CDU-Vorsitzende, von der Digitalisierung bis zur Pflegereform, von der Schwarzen Null bis zur Sterbehilfe, von Adenauer bis Kohl. Merkel blieb sich treu und stellte wie in der Vergangenheit die Wirtschaft in den Vordergrund. Merkel zeichnet eben gerne die großen Linien. Das soll die Kompetenz der Partei in Zeiten revolutionärer Veränderungen („Industrie 4.0“) sichern und ist schon deshalb sicherlich nicht falsch.

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Die großen Linien Merkels sind allerdings nach neun Jahren ihrer Regierungszeit so groß geworden, dass allzu Vieles unter den Tisch fällt. Nur ein Beispiel: Zwar äußerte sich die Kanzlerin mit bekannten Details zur Demografie. Aber worin die Herausforderung besteht, dass eine Einwanderungsgesellschaft neue Formen mit neuen Inhalten füllt, erfuhr man nicht. Die Antwort liefert derzeit die Straße – ein bedenkliches Vakuum, das Merkel und die CDU viel zu lange nicht gefüllt haben.
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Klüger ist man deshalb nach dieser Rede nicht geworden. Es war ein Rückblick, der ein Rechenschaftsbericht in weiten Teilen auch sein soll. Aber kein Vorausblick, aus dem ersichtlich werden würde, wie sich Merkel die deutsche Gesellschaft in fünf, zehn Jahren vorstellt. Es reicht nicht, dabei auf die Bedeutung „des Einzelnen“ hinzuweisen, auf die Familie, auf das Ehrenamt, auf die deutsche Einheit oder die „Kölner Grundsätze“ von 1945.
Merkel hielt dennoch eine engagierte Rede, so, als wollte sie all denjenigen widersprechen, die einen baldigen spontanen Amtsverzicht prognostizieren. Das konterkarierte sie vor allem in den parteipolitischen Teilen ihrer Rede. Zur AfD sagte sie nichts – vielleicht war das nur klug, wäre aber noch klüger gewesen, wenn sie die politischen Inhalte, um die es dabei geht, stärker herausgehoben hätte. Zur FDP: Sie bleibe der „natürliche Partner“ der CDU. Zu den Grünen: Mit ihnen tue sich für die CDU ein „neuer, interessanter Weg“ auf und es sei „schade“, dass es im Bund aus Schwarz-Grün nichts geworden sei.
Was aber vor allem bleiben wird von dieser Rede ist die Schelte der SPD und die Frage Merkels: „Wie viel kleiner will sich die SPD eigentlich noch machen?“ Das war auf die Juniorpartnerschaft der Sozialdemokraten mit der Linkspartei in Thüringen gemünzt, aber wohl auch auf den Zustand der „anderen Volkspartei“ im Bund. „Ich halte das Verhalten für eine Bankrotterklärung.“
Und dann kam der Ratschlag für 2017: Nur eine starke Union könne Rot-Rot(-Grün?) unmöglich machen. Das sollte wohl auch heißen: Ich will es nochmal wissen. Denn mit wem könnte die CDU stärker sein als mit ihr? Die Antwort, die Merkel auf die Zukunft der FDP bezog, aber in ihrem Fall für so vieles andere gilt, passt auch hier: „Warten wir es doch einfach mal ab!“