Die K-Frage der SPD : Steinmeier, Steinbrück, Schulz?
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Abschied aus Brüssel: Martin Schulz (SPD) Bild: Reuters
Ironie der Geschichte: Martin Schulz soll die Landesliste der SPD in NRW anführen. Bei der Bundestagswahl 2013 war das Peer Steinbrück. Daraus sollten aber keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden. Ein Kommentar.
Das ist ein konsequenter Schritt. Wenn Martin Schulz Außenminister werden will, kann er das nicht als Berliner Stippvisite tun, sondern muss sich auf den Bundestag einlassen. Das ist keine Vorschrift, gehört aber zur politischen Etikette. Sonst hätte er sich dem Vorwurf ausgesetzt, nach dem Verlust des Amts als Parlamentspräsident im EU-Parlament den Posten im Bundeskabinett nur zur Überwinterung zu nutzen. Will er nach der Bundestagswahl dort weitermachen, ist ein Bundestagsmandat zwar nicht nötig, aber hilfreich.
Was bedeutet die Renationalisierung des SPD-Europäers? Ein Zeichen der Zeit ist es schon. Einer der profiliertesten Europapolitiker Deutschlands verlässt die europäische Bühne, um auf nationalem Parkett für den Europagedanken zu werben. Es zeigt sehr deutlich, wo in Europa noch immer die Musik spielt – selbst dann, wenn europäische Musik gespielt wird.
Wer Außenminister wird, bestimmt die SPD
Aber die Musik, um die es jetzt eigentlich geht, ist SPD-Musik. Schulz hat viel Glück, dass es so gekommen ist: Ohne den Steinmeier-Coup Sigmar Gabriels bei der Kür des Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten wäre es sehr schwierig für ihn gewesen, nahtlos an seine bisherige Arbeit anzuknüpfen. Das kann er jetzt als Außenminister tun – und es gibt wohl keinen Zweifel, dass es so kommen wird. Nur ein SPD-Konkurrent könnte ihm das noch verwehren. Gabriel hat schon auf den Koalitionsvertrag gedeutet: Wer Außenminister wird, bestimmt die SPD, also er.
Es könnte durchaus sein, dass es diesen Konkurrenten gibt – eine Fraktion ist nie begeistert, wenn ein Ministeramt „von außen“ besetzt wird. Das ist ein Gedanke, der berücksichtigt werden muss, will man sich zurechtlegen, was derzeit in der SPD gespielt wird. Wer Schulz noch als Außenminister verhindern wollte, müsste Bedingungen in die Welt setzen, die ziemlich vermessen sind. Was eignet sich dafür besser als die Kanzlerkandidatur? Der zweite Gedanke: Schulz ist vielleicht tatsächlich überzeugt, der bessere Kanzlerkandidat zu sein, und hat die Bedingung deshalb tatsächlich selbst gestellt. Warum sollte er das aber tun? Dass sich der eine oder andere führende Genosse für den besseren Kandidaten als Sigmar Gabriel hält, ist nichts Ungewöhnliches. Davon gibt es mehrere in der SPD. Ihnen sollte allerdings klar sein: Wer sich jetzt meldet, muss auch den Parteivorsitz übernehmen.
Der Grund dafür ist, dass Sigmar Gabriel nicht noch einmal beiseite treten kann, weil er angeblich zu „unbeliebt“ ist. Der Vorsitzende einer Partei, die den Regierungschef stellen will, muss kanzlerfähig sein – verzichtet er mehrmals, ist er das aber nicht mehr. Auf was sollte Gabriel jetzt noch warten?
Wechsel in die Bundespolitik : Martin Schulz will in Berlin für Europa kämpfen
Auch Schulz muss das klar sein. Ihm muss vor allem klar sein, dass der Anspruch, Kanzler zu werden, mehr erfordert, als nur eine europäische Kämpfernatur zu sein. Dazu braucht es Erfahrung. Die hat er nicht – weder auf Landes- noch auf Bundesebene. Das aber ist der Grund, warum Schulz nicht die besseren Chancen hat als Gabriel, gegen eine Bundeskanzlerin anzutreten, die nicht mehr unverwundbar ist. Und wenn er sie hätte, gäbe es, wie gesagt, vielleicht sogar noch bessere Kandidaten, die sich aber offenbar sagen: Wir haben Zeit.
Also: Gabriel muss es machen. Will er es machen, sollte er es bald machen und - bitte nicht schon wieder! - eine Hängepartie abkürzen, die nicht Stärke, sondern Schwäche zeigt. (Das hätte er in diesem Fall allerdings mit Angela Merkel gemein, die auch zu lange gewartet hat.) Bleibt noch, eine Ironie der Parteigeschichte festzuhalten. Schulz soll die Landesliste der SPD in Nordrhein-Westfalen anführen. Bei der letzten Bundestagswahl war das der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück.