Hamburg: Schwarz-grüne Krise : Die Flucht des Michael Freytag
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Michael Freytag (links): Mit Blumen und Schulterklopfen von Bürgermeister Ole von Beust verabschiedet Bild: dpa
Er galt als möglicher Beust-Nachfolger - zuletzt war er nur noch ein Statist: Der CDU-Landesvorsitzende und Finanzsenator Michael Freytag verlässt die Politik. Die Krise der HSH Nordbank, die Rettung von Hapag Lloyd, aber auch der Streit über die Schulreform - Freytag schien genervt und überfordert.
Der Rücktritt des Hamburger CDU-Landesvorsitzenden Michael Freytag kam überraschend und war doch auch erwartet worden. Es galt als wahrscheinlich, dass Freytag beim Parteitag im Juni nicht mehr für den Vorsitz kandidieren würde. Nun hat er auf einer Mitgliederversammlung am Montagabend, die eigentlich zwei Jahre Schwarz-Grün in Hamburg bilanzieren wollte, den Schlussstrich unter sein Leben in der Politik gezogen.

Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.
Er tritt nicht nur von seinen Parteiämtern zurück, sondern auch als Finanzsenator. Und er gibt sein Bürgerschaftsmandat zurück. Die Nachfolge ist schon geregelt. Frank Schira, der Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, übernimmt den Parteivorsitz, zunächst kommissarisch. Neuer Finanzsenator wird Carsten Frigge, bislang Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde. Von seinem Glück erfuhr er erst kurz vor der Versammlung.
Noch vor kurzer Zeit galt er als Nachfolger von Beust
Freytag verkündete seinen Rücktritt beinahe beiläufig, nachdem er ausführlich Schwarz-Grün gelobt hatte. Er nannte private Gründe für seine Entscheidung. Aber das mag ihm keiner in Hamburg so recht glauben. Eher kam er seiner Entmachtung zumindest als Parteivorsitzender zuvor. Dabei galt Freytag noch vor kurzer Zeit als der wichtigste Mann in der Hamburger CDU, als der wahrscheinliche Nachfolger von Bürgermeister Ole von Beust. Aber die vergangenen beiden Jahre haben Freytags Ruf beschädigt. Es seien die schlimmsten Jahre seines Lebens gewesen, sagte er auf der Parteiversammlung. Das Tragische daran ist, dass Freytag die Konflikte sowohl in der Partei als auch in der Finanzbehörde nicht verursacht, aber auszutragen hatte.
Seit 1991 saß der heute 51 Jahre alte Freytag in der Bürgerschaft. Als von Beust 2001 Bürgermeister wurde, trat Freytag seine Nachfolge im Fraktionsvorsitz an. 2004 wurde Freytag Stadtentwicklungssenator, schließlich 2007 Finanzsenator. Als Finanzsenator war er Nachfolger von Wolfgang Peiner, der bis dahin als das eigentliche Kraftzentrum im zweiten Senat von Beust gegolten hatte. Ebenfalls 2007 übernahm Freytag auch den Parteivorsitz von Dirk Fischer, dem bekannten Bundestagsabgeordneten. Freytag war damals das Glück anzusehen. Überall machte der Mann im Zweireiher eine gute Figur. Dann aber kam die Bürgerschaftswahl 2008, welche für die CDU-Führung das erwartete Ergebnis brachte: Verbleib an der Macht in einer Koalition mit den Grünen.
Freytag spielte in den Koalitionsverhandlungen eine zentrale Rolle und verkündete die Ergebnisse. Aber es war auch die Zeit, als die Partei erstmals Kritik anmeldete. Der Vorsitzende habe die Partei in die Verhandlungen zu wenig einbezogen, lautete der Hauptvorwurf. Als Freytag sich unmittelbar nach Ende der Koalitionsverhandlungen im Parteiamt bestätigen ließ, ereilte ihn ein beschämendes Ergebnis: knapp 73 Prozent.
Streit über Schulpolitik