Griechenland : Feindliche Verbündete
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Griechenlandhilfe steht! Bild: F.A.Z.
Griechenland will seine Militärausgaben um 300 Millionen Euro kürzen. Der Sparzwang könnte auch die Haltung des Landes gegenüber der Türkei verändern.
Die in Athen verkündete Kürzung der Militärausgaben um 300 Millionen Euro könnte ein erster Schritt zum Abbau des griechischen Rüstungsüberhangs und der im Verhältnis zu Land, Bevölkerung und Volkswirtschaft überproportionalen Stärke der Streitkräfte sein. Doch müsste eine solche Kürzung auch mit einer grundlegenden Veränderung der griechischen Sicherheitspolitik im Verhältnis zur im Prinzip in der Nato verbündeten, aber in Griechenland noch immer überwiegend als Dauerbedrohung angesehenen Türkei verbunden werden.
Dafür müsste eine Beilegung der seit Jahrzehnten andauernden Konflikte zwischen Athen und Ankara über Zypern und über die maritime Gebietshoheit in der ägäischen Inselwelt in Angriff genommen werden. In der Konsequenz dürfte auch die Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland von beiden Seiten nicht länger als Grenze zu einem feindseligen Land behandelt werden.
Relikt der deutschen Invasion
Der Rüstungsüberhang im Verhältnis zur Größe Griechenlands auf dem Festland - nicht in der Ägäis und also nicht bei Marine und Luftwaffe - ist im Wesentlichen aus vier historischen Gründen entstanden: Erstens durch die Kriegserfahrung 1941 bis 1944, mit der deutschen Invasion über den Balkan und dem daran 1944 bis 1948 anschließenden Bürgerkrieg gegen die aus Jugoslawien und Bulgarien massiv unterstützten Kommunisten. Zweitens durch die reale Bedrohung seitens der Sowjetunion mit dem Warschauer Pakt über Bulgarien in Richtung auf die Meerengen und direkt auf die Ägäis über das griechische Thrakien. Drittens im Zusammenhang damit von der Notwendigkeit, die Südostflanke der Nato in Europa militärisch ausreichend und gemeinsam mit der Türkei zu decken, dabei das eigene Land einschließlich der Ägäis zu verteidigen.
Viertens verfolgte Athen im Verhältnis zur benachbarten Türkei ein Balance-Konzept, das zunächst wegen des Zypernkonflikts (seit Ende 1963), seit den siebziger Jahren zusätzlich über die Abgrenzung der beiderseitigen See- und Lufthoheit in und über der Ägäis mit in ein Konzept tief gestaffelter Landesverteidigung im östlichen Grenzgebiet umschlug, bei bis 1991 fortdauernder militärischer Konfrontation mit dem Warschauer Pakt entlang der Nordgrenze zu Bulgarien.
Die kritischste Front
Griechenland und die Türkei wurden 1952 gemeinsam in die Nato aufgenommen. Sie wurden militärisch integriert und aufgerüstet. Ihre Landstreitkräfte in Südosteuropa wurden vom türkischen Izmir aus gemeinsam durch ein alliiertes Regionalkommando geführt. Jedes der beiden Länder stationierte eine zunächst mit amerikanischen, später auch mit deutschen Waffen ausgerüstete Armee auf dem engen thrakischen Gebiet beiderseits der gemeinsamen Grenze gegenüber Bulgarien. Athen und Ankara wachten dabei über eine möglichst perfekte Gleichbehandlung durch Amerika und die Nato. Die beiden Armee-Oberkommandos waren für jedes der beiden Länder vor den türkischen Meerengen und der Ägäis das jeweils wichtigste in ihren Landstreitkräften.
Für die Nato war dieser Riegel vor dem östlichen Mittelmeer die kritischste Front. Sie schien am ehesten gefährdet und wegen des inneren Raummangels vor der Küste am leichtesten zu durchbrechen; das lehrte die Geschichte seit dem 19. Jahrhundert mit den russischen Feldzügen gegen das Osmanische Reich über Bulgarien und 1941 mit dem deutschen Angriff auf Griechenland.