Türkischer Außenminister : „Wir müssen die faulen Äpfel aussortieren“
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Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sieht Kritik des Westens gegenüber Ankara als haltlos. Bild: dpa
Nach dem Putschversuch in der Türkei fühlt sich die Regierung in Ankara missverstanden. An den Westen hat Außenminister Mevlüt Cavusoglu vor allem eine Frage.
Die türkische Regierung fühlt sich missverstanden. Als der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach dem vereitelten Putschversuch vom 15. Juli einwilligte, mit dieser Zeitung über die dramatischen Ereignisse zu sprechen, wurde das schon in seinem Vorzimmer deutlich. Während des Wartens auf den Minister, im Gespräch mit führenden Beamten des Ministeriums, tauchten immer wieder dieselben Fragen auf: Warum erkenne man im Westen nicht an, dass die Türkei einen bewaffneten Umsturz mit vielen Toten überstanden habe? Warum interessieren sich westliche Medien nur für die Gegenmaßnahmen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und behaupten gar, er habe den Putsch inszenieren lassen?
Tatsächlich wurde im Ausland zum Teil behauptet, der Putsch sei eine seit langem geplante Inszenierung mit dem Ziel gewesen, Erdogan im Schutze des Ausnahmezustands einen Vorwand zum Losschlagen gegen die Opposition zu liefern. Man muss kein Anhänger des türkischen Präsidenten sein, um diese These absonderlich zu finden. Auch westliche Diplomaten, die die Putschnacht in Ankara erlebten, bestätigen unisono: Der Putsch war echt, obschon viele Fragen offenbleiben. Warum etwa bombardierten die Putschisten das Parlament, den Präsidentenpalast aber nicht?
In Erdogans „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“, der AKP, scheint man nicht verstehen zu wollen, warum die Welt Ankaras Darstellung des Tathergangs bezweifelt. Demnach müsste nämlich ein 75 Jahre alter Prediger, der seit fast zwei Jahrzehnten auf einen Anwesen in Amerika lebt, über den Ozean hinweg Panzer, Kampfflieger und Soldaten im 8500 Kilometer entfernten Ankara in Marsch gesetzt haben, um Erdogan zu stürzen. Doch die AKP bleibt dabei: Der Prediger Fethullah Gülen sei Chef einer „Terrorbande“ und müsse an die Türkei ausgeliefert werden.
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„In Kürze wird alles fertig sein“
Auch Cavusoglu hält daran fest und antwortet im Gespräch auf die Frage, bis wann Ankara Gülens Auslieferung zu erreichen hoffe: „Unser Justizministerium arbeitet mit höchster Eile daran, aber es dauert eben seine Zeit, bis alle Dokumente und Beweise beisammen sind. In Kürze wird aber alles fertig sein, und dann werden wir das gesamte Beweismaterial sofort übersenden. Von den Vereinigten Staaten erwarten wir, dass sie Gülen ausliefern, sobald sie das Material erhalten.“ Cavusoglu verweist auf Vereinbarungen zur Zusammenarbeit im Justizwesen zwischen der Türkei und Amerika und sagt, bislang gebe es, was Auslieferungen betrifft, eine gute Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten.
Gerade jetzt aber sei es wichtig, „dass unsere Partner ihren Verpflichtungen schnell gerecht werden, denn leider wächst in der Türkei, je länger sich das verzögert, der Antiamerikanismus. Wir wünschen uns nicht, dass eine verbündete Nation vom türkischen Volk als feindlich gesehen werden könnte, denn das nützt weder uns noch unseren Beziehungen. Aber leider beobachten wir einen ernsthaften Trend in diese Richtung.“ Wenn er die Vereinigten Staaten im Fernsehen einen Verbündeten nenne, so Cavusoglu, bekomme er Hunderte Nachrichten, wie er so ein Land als Freund bezeichnen könne. „Das ist wirklich ein sehr ernstes und sensibles Thema.“