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Jasper von Altenbockum (kum.)

Generaldebatte im Bundestag : Der entfesselte Scholz

Olaf Scholz in der Generaldebatte im Bundestag Bild: AP

Nach der Gasumlage droht nun auch der „Streckbetrieb“ zu einem Ausweis von Unvermögen und Langsamkeit zu werden. So wie Scholz der Union Versäumnisse in die Schuhe schiebt, wird er das mit den Grünen nicht tun können.

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          Es war am Mittwoch nicht das erste Mal, dass Olaf Scholz sich gezwungen sah, in der Generaldebatte der Haushaltswoche im Bundestag direkt auf den Oppositionsführer zu reagieren. Das geht nur gut, wenn der Angriff dem Sprichwort gehorcht, er sei die beste Verteidigung.

          Denn allein schon eine Reaktion des Kanzlers setzt erst einmal den Oppositionsführer in ein günstiges Licht. Friedrich Merz, so hieß es schon beim ersten Mal, habe es geschafft, Olaf Scholz aus der Reserve zu locken. Oder akzeptiert ihn der Kanzler, Stichwort Respekt, als ebenbürtig? Zur Belebung parlamentarischer Sitten wäre das kein schlechter Zug.

          Doch einem geradezu entfesselten Scholz ging es ganz offensichtlich ganz um den Angriff. Wieder und wieder bemühte er die rhetorische Figur, seine Regierung und die Koalition handelten schneller, als CDU/CSU denken könne. Schwieriger durchzuhalten war schon die Behauptung, die Union habe den Kohleausstieg propagiert, dann aber den Einstieg in Ersatzquellen hintertrieben – und nun habe man den Salat.

          Braucht Scholz einen Sündenbock?

          Zwischen den Zeilen sollte das wohl heißen: Ich darf den Augiasstall ausmisten, den die Union uns hinterlassen hat. Dass dabei die Abgeordneten der Grünen und der SPD johlten, lenkte davon ab, dass sie in Bund und Ländern stets mit im Boot saßen – und die Union gar nicht kräftig genug auf ihr Kommando rudern ließen. Braucht Olaf Scholz sie nun auch noch als Sündenbock?

          Es war nicht nur Merz, der ihn dazu provozierte. Scholz blüht, anders als seine Vorgängerin, im Krisenmanagement, was die öffentliche Anerkennung angeht, noch nicht sonderlich auf. Das wiederum färbt auf den Eindruck ab, den seine Politik hinterlässt.

          Merz hat richtig erkannt, dass die Atomfrage, auch wenn sie nur ein Rädchen unter vielen ist, der symbolische Schlüssel für diese Schwäche ist. Nach der Gasumlage droht nun auch der „Streckbetrieb“ zu einem Ausweis von Unvermögen und Langsamkeit zu werden. So wie Scholz der Union Versäumnisse in die Schuhe schiebt, wird er das mit den Grünen nicht tun können.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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