Früherer DDR-Spionagechef : Markus Wolf ist tot
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Markus Wolf Bild: picture-alliance / dpa
Der langjährige Leiter der DDR-Auslandsaufklärung HVA, Markus Wolf, ist tot. Er starb in der Nacht zum Donnerstag, genau 17 Jahre nach dem Fall der Mauer, im Alter von 83 Jahren in Berlin.
Der frühere Geheimdienstchef der DDR, Markus Wolf, ist tot. Er starb in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 83 Jahren in Berlin, teilten seine Schwiegertochter und der Eulenspiegel-Verlag der dpa mit. Wolf sei in seiner Wohnung friedlich eingeschlafen.
Wolf war fast 30 Jahre lang Chef der DDR-Auslandsspionage. Im Westen galt er lange Zeit als der „Mann ohne Gesicht“. Nach der Wiedervereinigung stand „die graue Eminenz der Spionagewelt“ ganz oben auf der bundesdeutschen Fahndungsliste.
Geschult in Moskau
Als Sohn des kommunistischen Arztes und Schriftstellers Friedrich Wolf in Hechingen geboren, war der damals 11 Jahre junge Wolf mit seiner Familie 1934 in die Sowjetunion emigriert. Dort wurde er in der marxistisch-leninistischen Weltanschauung geschult, lernte aber auch die stalinistische Wirklichkeit kennen.
Zurück in Deutschland, berichtete er für den Rundfunk vom Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß, ehe er 1951 seine Lebensaufgabe fand: Aufbau und Leitung des Auslandsnachrichtendienstes der DDR, seit 1956 „Hauptverwaltung Aufklärung“ im MfS. Durch den Spion Günther Guillaume verursachte er 1974 den Rücktritt von Bundeskanzler Brandt, den er zuvor durch Stimmenkauf vor der Abwahl bewahrt hatte. Aus dem aktiven Dienst schied der Bruder des Defa-Regisseurs Konrad Wolf 1987 aus.
„Opfer einer Siegerjustiz“
Nach dem Fall der Mauer floh Wolf 1990 zunächst in seine alte Heimat nach Moskau, kam dann aber zurück nach Deutschland. Nach seiner Rückkehr aus der russischen Haupstadt stand Wolf mehrmals vor bundesdeutschen Gerichten und wurde 1993 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu sechs Jahren Haft wegen Landesverrats verurteilt.
Das Urteil wurde obsolet, als das Bundesverfassungsgerichts von der DDR aus begangene Spionage straffrei stellte. Zu zwei Jahren mit Bewährung wegen Freiheitsberaubung in vier Fällen ist er 1997 verurteilt worden. Insgesamt war Markus Wolf elf Tage hinter Gittern. In Beugehaft saß Wolf, weil er sich auch noch Jahre nach dem Untergang der DDR weigerte, Namen seiner einstigen Mitarbeiter zu nennen. Wolf sah sich bis zum Schluß als Opfer einer „Siegerjustiz“.
„Tragische Figur“
Nach Ansicht des früheren Chefs der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, hat Wolf eine besondere Schuld getragen. Gauck sagte im RBB-Inforadio, Wolf sei eine tragische Figur gewesen, da er sich trotz seiner Intelligenz in den Dienst der Diktatur gestellt habe. „Von einem Menschen mit der Brutalität eines Mielke, von dem könnte man sagen, man erwartet nichts anderes, als daß er sich einer Diktatur mit Haut und Haaren verschreibt“, sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler. „Bei Intellektuellen, wie Markus Wolf einer war, erwarte ich mehr“, fügte Gauck hinzu.
Auch für Kommunisten habe es keine Pflicht gegeben, „dieses Regime zu stabilisieren“. Dafür stehen nach Gaucks Auffassung Namen wie Wolfgang Leonhard oder Eugen Kuron, die sich mit großer Klarheit von dem kommunistischen Zwangssystem distanziert hätten..