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Die Macht des Namens: Als Olaf de Scholz wäre der Kanzler vielleicht Schlagersänger geworden. Bild: Reuters

Fraktur : Nomen est Omen

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Sind Namen Schall und Rauch – oder prägen sie unser Leben? Viel spricht für Letzteres. Daher ist es gut, dass die Koalition das Namensrecht liberalisieren will.

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          Was Namen betrifft, gibt es zwei Denkschulen. Die eine beruft sich ausgerechnet auf einen Mann mit dem wohlklingenden Namen Johann Wolfgang von Goethe und geht davon aus, dass der Name, wie Goethes Faust sagte, „Schall und Rauch“ sei.

          Die moderne Version dieser Namensinterpretation, die sich auch im journalistischen Komment niedergeschlagen hat, keine Namenswitze zu machen („Sepp Müller kann ja nichts dafür“), stammt von Franz Xaver Kroetz. Der hat, wenn wir uns recht erinnern – wir sind leider nicht nur schlecht mit Namen, sondern auch mit Zitaten –, in seinem Nicaragua-Tagebuch über die Deutschen geschrieben: Bei uns können alle ihren Namen schreiben, aber die Menschen wissen nicht mehr, wer sie sind.

          Steckt ein Kaiser in dem Kleinen?

          Das Motto der anderen Denkschule lautet: Nomen est omen. Demnach prägt der Name, den Eltern ihren Kindern geben, deren Leben. Die Kinder werden die, die sie durch ihren Namen sind oder sein sollen, oder aber die Eltern ahnen intuitiv voraus, wer in den Kleinen drinsteckt, ein Kaiser wie Karl oder doch wenigstens ein Freiherr wie Karl-Theodor.

          Der Name hat demnach etwas Magisches, zumal wenn er ausgesprochen wird. Man kann das in Dörte Hansens „Zur See“ nachlesen. Da gibt es einen Einsiedler, der, als ihn einer jäh beim Namen nennt, ganz von den Socken ist. Auch Eltern und Liebende sagen den Namen des Kindes oder des Partners immer dann, wenn sie etwas Beschwörendes in ihre Stimme legen wollen. Mit Destiny’s Child gesungen: Ain’t callin’ me baby, better say my name.

          Es spricht viel dafür, dass die zweite Denkschule recht hat. Vor allem die aktuelle Empirie. Das gilt für Vor- und Zunamen. Man denke nur an den Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz. Oder an die Berliner CDU, die die Vornamen der Berliner Silvester-Krawallos wissen wollte. Oder an Olaf Scholz. Lautete sein Name auch nur minimal anders, etwa Olaf de Scholz, wäre er wohl nie ein Scholzomat geworden, wahrscheinlich noch nicht einmal Kanzler, sondern Schlagersänger oder „Zeit“-Chefredakteur.

          Die Grünen wollen das „Meshing“ erlauben

          Es ist schwer zu verstehen, warum der Mensch, der ja nichts mehr (vermeintlich oder tatsächlich) Naturgegebenes hinzunehmen bereit ist, seinen Namen wie ein Gottesurteil akzeptieren soll. Dabei ist die Änderung des Namens ja viel einfacher als etwa die Änderung des Geschlechts. Ein kleiner Akzent auf dem i – und man ist nicht mehr der kleine Junge, der vom Lehrer immer mit den drei anderen Martins in der Klasse verwechselt wurde, sondern ein Mann, dessen spanische Vorfahren einst um die Welt gesegelt sind. Ein kleines „middle initial“ – und man steht in einer Reihe mit Clemens J. Setz, Fritz J. Raddatz und Joachim C. Fest.

          Insofern ist es nur konsequent, dass der Bundesjustizminister, dessen Vorname an Eltern denken lässt, die ihre Sehnsucht nach Italien stillen wollten, nun auch das Namensrecht liberalisieren will. Es sei höchste Zeit, Eheleuten zu ermöglichen, ihre Verbundenheit durch einen gemeinsamen Doppelnamen zum Ausdruck zu bringen, sagte Marco Buschmann, der seinen eigenen Nachnamen, weil politisch nicht ganz korrekt, wohl nicht mehr lange tragen darf. Manche sprechen jedenfalls schon von einer Lex Strack-Zimmermann, wahlweise auch Leutheusser-Schnarrenberger oder Stark-Watzinger.

          Die Grünen wollen, wie immer, noch weitergehen, zumal ihr Vordenker unglücklich darüber sein dürfte, dass sein Nachname an ein berühmtes Ex-Playmate – Janine Habeck – denken lässt. Sie wollen das „Me­shing“ erlauben, also die Verschmelzung der Namen von Eheleuten. Da kommt eine Meldung der Zeitschrift „Spiegel“ über eine ehemalige Regisseurin von Erwachsenenfilmen ins Spiel. In Wahrheit, sagt diese Fachfrau, würden sich nur noch sehr wenige Menschen im Geschlechtsakt üben. Da sagen wir: Wenn die Verschmelzung schon im körperlichen Sinn nicht mehr gelingen soll, dann doch wenigstens im Namen, und zwar im Namen von uns allen.

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