Wahlkampf in Polen : Sprache des Hasses
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Jaroslaw Kaczynski führt mit seiner nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“dir Umfragen an. Bild: AP
Jaroslaw Kaczynski versucht die wachsenden Angst der Polen vor Überfremdung für sich zu nutzen. Im Wahlkampf behauptet der nationalkonservative Oppositionsführer: Die Flüchtlinge bringen Parasiten und Bakterien mit.
Cholera, Ruhr, Parasiten und Bakterien - Jaroslaw Kaczynski, der nationalkonservative polnische Oppositionsführer, forciert im Wahlkampf die Debatte über das europäische Flüchtlingsdrama. Nachdem er vor ein paar Wochen in die Reihen des Parlaments gerufen hatte, Muslime würden „Scharia-Zonen“ einrichten und Kirchen zu Aborten machen, hat er in dieser Woche die Menschen, die gegenwärtig zu Hunderttausenden in Europa ankommen, nun auch als Gefahr für die öffentliche Gesundheit dargestellt. „Cholera auf den griechischen Inseln, Ruhr in Wien, alle Arten von Parasiten und Bakterien, die in den Organismen dieser Menschen harmlos sind, können hier gefährlich werden“, sagte er auf einer Wahlveranstaltung. Er wolle zwar „niemanden diskriminieren“, aber darüber müsse man reden.
Kaczynskis Partei „Recht und Gerechtigkeit“ führt in den Umfragen. Nun versucht der „Präses“, aus der wachsenden Angst der Polen vor einer angeblich drohenden Überfremdung zwei Wochen vor der Parlamentswahl letzten Schub zu gewinnen. Nachdem noch im September die meisten Polen Umfragen zufolge für die Aufnahme von Flüchtlingen offen waren, zeigen neue Daten einen Umschwung: 55 Prozent der Polen sind einer Erhebung von Anfang Oktober zufolge gegen jede Aufnahme.
Das Thema wird damit zur Last für die liberalkonservative Regierung unter Ewa Kopacz, die sich auf dem EU-Gipfel Ende September bereit erklärt hat, knapp 7000 Flüchtlinge aufzunehmen - im europäischen Vergleich eine verschwindende Zahl, aber in Polen, das mit Einwanderung keine Erfahrung hat, ein Auslöser heftiger Abwehrreaktionen.
Wie sehr Kopaczs „Bürgerplattform“ das Thema fürchtet, zeigten die Reaktionen auf Kaczynskis Cholera-und-Parasiten-Rede. Während führende liberale Medien, etwa die Zeitung „Gazeta Wyborcza“, Kaczynski vorwarfen, mit seiner „Sprache des Hasses“ an die tragischsten Zeiten des 20. Jahrhunderts anzuknüpfen, während der Vorsitzende der kleinen „Demokratischen Partei“, Andrzej Celinski, daran erinnerte, dass das Stereotyp von den Juden, die „Typhus übertragen“, von den Nazis stamme, hat bis zum Mittwoch kein führender Politiker des Regierungslagers Kaczynskis Wortwahl kritisiert. Das Thema ist Gift für Kopaczs Partei, so bleibt man lieber still.