Seehofer schreibt an Merkel : CDU-Politiker Bosbach zeigt Verständnis für Bayerns Brief
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Im Flüchtlingsstreit an Seehofers Seite: Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach Bild: dpa
Der Streit in der Union über die Flüchtlingspolitik erreicht die nächste Eskalationsstufe. Am Vormittag will Bayerns Ministerpräsident Seehofer einen Brief an die Kanzlerin schicken, um den Schutz der Grenzen einzufordern. In der CDU gibt es Beifall und Kritik.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hat Verständnis für die Klagedrohung Bayern gegenüber der Bundesregierung beim Thema Grenzsicherung gezeigt.
Im rbb-Inforadio sagte Bosbach am Dienstag: „Am meisten belastet und betroffen ist die Grenze zwischen Österreich und dem Freistaat Bayern. Bayern trägt schon seit vielen Monaten eine Belastung wie kein anderes Bundesland. Deswegen kann ich verstehen, dass Bayern sagt, wir können nicht weiter alleine darauf vertrauen, dass die Europäische Union ein Problem löst, das in erster Linie die Bundesrepublik Deutschland betrifft, sondern wir müssen auch eigene nationale Maßnahmen für eine bessere Grenzsicherung erreichen.“
Das bayerische Kabinett in München will am Vormittag einen Brief an die Bundesregierung schicken, in dem es fordert, die deutsche Grenze wirksam zu sichern. Sollte die Bundesregierung nicht darauf eingehen, will Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat dagegen die bayerische Staatsregierung kritisiert, weil sie in einem offiziellen Brief an den Bund eine wirksame Sicherung der deutschen Grenze fordern will. „Ich bin auch für direkte Kommunikation, die wir ja auch permanent haben. Also gibt es keinen Grund für Briefe“, sagte Röttgen am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“.
Er warnte davor, dass eine nationale Grenzsicherung in der Flüchtlingskrise einen „sofortigen Dominoeffekt“ hätte. Es würde einen Rückstau von Zehntausenden Flüchtlingen auf dem Balkan geben. „Wir müssten explosive Entladungen, vielleicht eine humanitäre Katastrophe befürchten“, sagte Röttgen.
Seit Monaten gibt es zwischen der CSU und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Spannungen in der Flüchtlingspolitik. Wenn die Bundesregierung in ihrer Antwort die bayerische Forderung ablehnt, will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor dem Bundesverfassungsgericht Klage einreichen.
Klöckner sieht SPD nach „Schamfrist“ mit im Boot für ihren „Plan A 2“
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner verteidigte unterdessen ihre Vorschläge zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland gegen Kritik aus der SPD. Das Nein des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel sei Wahlkampf, sagte Klöckner am Dienstag im Deutschlandfunk. Die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin zeigte sich außerdem sicher, dass die SPD ihre Vorschläge nach einer „gewissen Schamfrist“ aus Mangel an Alternativen übernehmen werde.
So habe es die SPD zunächst auch abgelehnt, weitere sichere Herkunftsländer auszuweisen; am Ende sei man aber doch dahin gekommen. „Wir sind gerne der Motor“, sagte Klöckner. „Im Schlafwagen kommt man nicht zu Lösungen.“
Flüchtlingskrise : Klöckners „A2“-Vorschlag sorgt für Diskussion
Die distanzierte Reaktion der Bundesregierung für ihren Vorschlag „Plan A 2“ zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen bewertet sie nicht als Ablehung. „Das ist ein Vorschlag, den ich unterbreitet habe, den Angela Merkel auch natürlich interessant findet“, sagte sie. Merkel sehe darin wie sie eine Ergänzung zur bisherigen Politik. Der Vorschlag bedeute auch keine Kritik am Kurs der Kanzlerin, für ein europäisches Problem auch europäische Lösungen zu suchen. „Unser Plan A 2 ist letztlich eine Zweigleisigkeit des Vorgehens“, erläuterte sie. Man könne sich nicht allein von den Partnerländern abhängig machen, sondern müsse notfalls auch national handeln.
Dass Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert auf Distanz zu ihren Vorschlägen gegangen ist, war für Klöckner nach eigenen Worten von vornherein klar. Schließlich spreche der für die gesamte große Koalition inklusive der SPD, die ihren Vorstoß ablehnt. Aber auch ohne Kabinettsmitglied zu sein, könne man Vorschläge machen. Inhaltlich sieht Klöckner für ihren Vorstoß immer noch Chancen. Schließlich habe die SPD schon häufiger Vorschläge von ihr und aus der Union erst abgelehnt, um sich dann später doch darauf einzulassen.
Die CDU-Politikerin versicherte, ihr Vorschlag von grenznahen Flüchtlingszentren und tagesaktuellen Kontingenten habe nichts mit einer Obergrenze für Flüchtlinge zu tun. Einen Bau von Zäunen zum Schutz der Grenze lehnte sie ab.
Am Wochenende hatte Klöckner tagesaktuelle Flüchtlingskontingente und die Einrichtung von „Grenzzentren“ vorgeschlagen, in denen über die Aufnahme oder Zurückweisung entschieden werden solle.
Beim SPD-Vorsitzenden Gabriel stieß sie damit auf Ablehnung: Klöckners Vorschlag werde ganz sicher nicht Gegenstand von Regierungshandeln. Außerdem könne die Idee den Verhandlungen mit der Türkei schaden. Gabriel erklärte der „Rheinischen Post“, die Türkei werde die Schlepperbanden nicht stoppen, wenn es keine verlässlichen Flüchtlingskontingente für Europa und Deutschland gebe.