Flüchtlingskrise in Schweden : In der Wirklichkeit
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Grubb ist Anfang 50, in der Partei ist er schon lange. Er hat erlebt, wie damit begonnen wurde, die rassistischen Wurzeln zu kappen. Stattdessen geben sich die Schwedendemokraten jetzt bieder, Sicherheit und Tradition sind ihre Schlagworte. Einwanderung ist ihr wichtigstes Thema. 2010 haben sie es so zum ersten Mal in den Reichstag geschafft, 2014 erhielten sie knapp dreizehn Prozent. Doch im Reichstag will niemand mit ihnen zu tun haben.
Um die 90 Prozent der Bewohner haben ausländische Wurzeln
Grubb glaubt, dass seine Partei trotzdem Einfluss hat. Bei der Kehrtwende der Regierung habe man das gesehen. Er sagt: „Wegen uns haben die das getan. Weil sie etwas tun mussten. Sie wussten, wir sind die Nummer eins in Schweden.“ Die meisten anderen Umfragen sehen sie allerdings mit etwa 20 Prozent auf dem dritten Platz, hinter den Sozialdemokraten und den bürgerlichen „Moderaten“. Grubb ist schmal, hat graue Strähnen im Haar und Augenringe. Er sitzt im Büro mit ein paar Parteifreunden zusammen, sie erzählen von Malmö, wie es einmal war und was daraus geworden ist.
Die Arbeiterstadt, mit mehr als 300.000 Einwohnern die drittgrößte in Schweden, die von der Werft lebte und nach deren Tod mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Die Stadt, die zwar neue Vorzeigeviertel am Hafen oder bei der Hyllie-Station hat, aber immer wieder wegen des Viertels Rosengård, wo Wohnblock eng an Wohnblock steht, in die Schlagzeilen gerät. Es war eines der ersten Problemviertel in Schweden, um die 90 Prozent der Bewohner haben ausländische Wurzeln – Flüchtlinge und Einwanderer dürfen selbst entscheiden, wohin sie ziehen, also zogen sie oft dahin, wo schon ihre Verwandten und Freunde waren.
Sie reden über Kriminalität, den Schwarzmarkt und Schulden. Und sie reden über die Einwanderer, über verschiedene Kulturen und Denkweisen: „Im Nahen Osten oder auch in Afrika gibt es so viele Krisen, die können das Wort Demokratie nicht einmal buchstabieren. Das ändert sich nicht einfach, wenn sie hier in Schweden sind.“ „Die Situation in Malmö ist seit vielen Jahren schon schlecht“, sagt Grubb. „Nur wurde es in den letzten Monaten für alle sichtbar.“
„Die einen möchten nicht in unserem Schweden leben und wir nicht in ihrem.“
Ein Parteifreund erzählt auch von dem Schweden seiner Kindheit, von einem Städtchen an der Ostsee, wo kleine Häuser in Reih und Glied stehen. Alle seien nett zueinander gewesen, es war ruhig, und es gab keine Kriminalität. „Es war wie das alte Schweden, als du die Haustüren nicht abschließen und das Fahrrad nicht anketten musstest“, sagt er. Doch schon wenn er in die nächste größere Stadt gefahren ist, sah er ein anderes Schweden. Es hat ihm nicht gefallen.
Grubb hält vom schwedischen Selbstbild als humanitäre Großmacht nicht viel. Er sagt: „Das ist nur ein Traum, der Traum, dass du allein der ganzen Welt helfen kannst.“ Er erzählt davon, wie in den letzten Monaten die Polarisierung in der Gesellschaft zugenommen habe. Selbst seine Frau habe das zu spüren bekommen, weil sie eben seine Frau sei. Ein Parteifreund erzählt von Freunden, die nicht mehr mit ihm reden wollten. Manche ihn nicht einmal mehr ansehen.