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Asylpolitik : Scheuer will straffällige Flüchtlinge auch ohne Prozess abschieben

  • Aktualisiert am

Markiges aus München: CSU-Generalsekretär Scheuer will kriminelle Ausländer auch ohne Prozess abschieben Bild: dpa

Die Bundesregierung will kriminelle Ausländer künftig auch bei Bewährungsstrafen abweisen – doch der CSU reicht das nicht: Generalsekretär Scheuer will straffällig gewordene Flüchtlinge sogar ohne Prozess abschieben.

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          CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will straffällige Flüchtlinge auch ohne Prozess abschieben. „Nicht erst das Strafmaß nach einer Verurteilung soll Grundlage für eine mögliche Abschiebung sein, sondern bereits ein Delikt. Wenn die Beweislage eindeutig ist, darf es keine Toleranz gegenüber Straftätern geben“, sagte Scheuer der Mediengruppe „Straubinger Tagblatt"/„Landshuter Zeitung“  (Donnerstag). „Wer zu uns kommt, human aufgenommen wird und Schutz erhält, soll sich auch gefälligst an unsere Regeln halten.“

          Schon am Mittwoch hatte sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth (CDU) einen Vorstoß in die gleiche Richtung unternommen. „Wer mehrfach und intensiv gegen unsere Strafgesetze verstößt, der hat hier nichts zu suchen und muss zurückgeführt werden“, sagte Mackenroth dem Radiosender MDR Info. Dazu sei aber das „rechtliche Instrumentarium“ nötig. Denkbar sei zum Beispiel, dem Ausländerrecht Vorrang vor dem Strafrecht einzuräumen. Damit werde verhindert, dass ein laufender Strafprozess den Beschuldigten vor einer Abschiebung schütze.

          Außerdem gebe es im Ausländerrecht andere rechtsstaatliche Parameter, zum Beispiel keine Unschuldsvermutung. Wenn „der Mensch dann weg“ sei, würde das Strafverfahren vorläufig eingestellt, erläuterte Mackenroth. „Damit kann der Staatsanwalt die Akte zuklappen“, fügte er hinzu.

          Bundesjustizminister Maas (SPD) widersprach am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter dem Ansinnen der beiden Politiker. „Wer verdächtige Flüchtlinge ohne Prozess abschieben will, hat offensichtlich nicht verstanden, dass wir in einem Rechtsstaat leben“, so Maas.

          Nach den sexuellen Übergriffen auf zahlreiche Frauen in der Silvesternacht will auch die Bundesregierung kriminelle Ausländer und Asylbewerber unkomplizierter ausweisen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Maas hatten am Dienstag eine Gesetzesinitiative dazu angekündigt. Wenn ein Ausländer wegen Delikten wie Körperverletzung, Tötung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung oder Seriendiebstahl zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, soll er künftig mit seiner Ausweisung zu rechnen haben. Auch bei einer kürzeren Freiheitsstrafe wegen solch massiver Delikte soll dies prinzipiell möglich sein – egal ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist oder nicht.

          „Diese Einigung der beiden Minister ist gut, ich will aber einen Schritt weiter gehen“, sagte Scheuer. Allerdings gilt in Deutschland die Unschuldsvermutung, einer der wichtigsten Grundsätze des Rechtsstaats. Danach wird jeder Beschuldigte bis zum rechtskräftigen Beweis des Gegenteils als nicht schuldig angesehen, dementsprechend ist er zu behandeln. Der Staat hat sich an dieses Prinzip zu halten. Die Unschuldsvermutung ist in Deutschland seit 1950 unmittelbar geltendes Recht, und zwar über Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

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