
Flüchtlingskrise : Notsignale aus dem Maschinenraum
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Die Koalition steht in der Flüchtlingskrise unter Druck. Bild: Reuters
Die Kakophonie in der Koalition nimmt kein Ende. Auch in der CDU selbst mehren sich die Stimmen, die von der Kanzlerin einen Kurswechsel verlangen.
Für alle, die sich nach den widersprüchlichen Äußerungen aus den Reihen der Koalition fragten, ob die Regierung wirklich weiß, was sie in der Flüchtlingspolitik will und tut, hat eine Sprecherin Merkels jetzt klargestellt: Es gab keine Änderung der Richtung und auch keine Abkehr von der Willkommenskultur. Die österreichische Innenministerin freute sich zu früh, die deutsche Opposition regte sich wieder einmal zu schnell auf. Das Innenministerium hatte zum wiederholten Male vorgeführt, dass das Ruder des Koalitionsschiffes immer noch beweglich ist, obwohl es seit dem Sommer auf Willkommenskurs steht. Herumgeworfen wird es aber auch durch die Wiederanwendung der Dublin-III-Regeln nicht. Für die meisten Migranten hat das, wie auch der Streit um den Familiennachzug, in der Praxis zunächst keine Bedeutung.
Warum führen dann solche Entscheidungen immer wieder zu Ohnmachts- oder Tobsuchtsanfällen in der Koalition? Weil die Verteidiger von Merkels und Gabriels Linie das für den Versuch von Mannschaftsmitgliedern halten, doch etwas am Steuerrad zu drehen, wenn gerade niemand hinsieht. Denn es ist unverkennbar, dass auch in der CDU und selbst in der SPD die Stimmen zunehmen, die eine baldige Begrenzung des Zustroms von Migranten verlangen und die einen unbegrenzten Familiennachzug für einen politisch wie gesellschaftlich hochgefährlichen Sprengstoff halten.
In der SPD fällt es jedenfalls der Funktionärsschicht schwer, diese Forderung in Einklang mit dem Anspruch zu bringen, die Flüchtlingspartei Deutschlands zu sein. Die Kritiker Merkels in der CDU haben das Problem, dass Widerstand gegen Merkels Linie ein Aufbegehren gegen die Kanzlerin selbst ist. Und die gilt als sakrosankt. Gilt? Das galt jedenfalls so lange, wie sie eine Garantie für die Ziffer 4 an der ersten Stelle der Prozentergebnisse in den Meinungsumfragen war. Jeder weitere Rückgang wird den schon jetzt nicht geringen innerparteilichen Druck auf sie erhöhen. Sollten die „unabgestimmten“ Entscheidungen im Innenministerium dazu dienen, ein bisschen Dampf aus dem Kessel abzulassen? Eher klangen sie wie (Not-)Signale aus dem Maschinenraum. Maschinisten sind, weil ganz unten im Schiffsbauch beschäftigt, selten der Meinung, man solle mit hoher Fahrt in ein Seegebiet voller Eisberge hineinrauschen.
