
Flüchtlingslager : Die Botschaft von Idomeni
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Idomeni war eine hässliche Station auf dem Weg zu einer geordneten Migrationspolitik. Bild: AP
Das Lager an der griechisch-mazedonischen Grenze stand für einen Albtraum, der Berlin seit Ausbruch der Flüchtlingskrise quälte. Doch nicht alle Schreckensvisionen wurden wahr. Ein Kommentar.
Idomeni wird geräumt – und doch dürfte der Name dieses Dorfes in der nordgriechischen Provinz nicht so schnell in Vergessenheit geraten. An der Grenze zu Mazedonien hatte sich der Albtraum materialisiert, der die schwarz-rote Koalition seit Beginn der Flüchtlingskrise plagte. In ihm rüttelten Tausende von in Kälte und Schlamm ausharrenden Migranten an den Zäunen Europas und baten immer verzweifelter um Einlass. Das war die Schreckensvision, die Berlin (und zunächst auch Wien) dazu bewog, Tür und Tor zu öffnen. Denn solche Szenen, so hieß es damals, werde die deutsche Öffentlichkeit nicht lange ertragen.
Auch das war ein Irrtum. Was die Öffentlichkeit immer weniger ertrug, waren die Bilder von sperrangelweit offenen Grenzen, durch die Hunderttausende unkontrolliert und unregistriert ins Land kamen. Die Verhältnisse, in denen die Migranten in Idomeni hausen mussten, konnten niemanden kalt lassen.
Doch die Fotos und Berichte von dort brachten nicht einmal mehr die Bundeskanzlerin dazu, abermals Barmherzigkeit vor Recht ergehen zu lassen. Idomeni war eine hässliche Station auf dem Weg von einem chaotischen und fast schon fatalistischen Umgang mit der Flüchtlingskrise hin zu einer geordneten Migrationspolitik, der, so kaltherzig das klingt, Elemente der Abschreckung nicht fehlen dürfen.
Neue Idomenis verhindern
Die Fotos aus Idomeni wirkten, mancher in der EU setzte darauf, als Korrektive zu den Flüchtlings-Selfies der Kanzlerin. Die unmissverständliche Botschaft aus dem Lager lautete: Irreguläre Migration auf der Balkanroute endet nicht in Österreich oder Deutschland, sondern im Schlamm an der Grenze zu Mazedonien.
Griechenland, das die Flüchtlinge früher in erträgliche Unterkünfte hätte verteilen können, was es nicht nur aus Unvermögen, sondern auch aus politischem Kalkül unterließ, brach nicht wie in Berlin befürchtet unter der Last der Migranten zusammen. Athen könnte, wenn es wollte, beim Management der Migration und bei der Sicherung der EU-Außengrenze eine größere Rolle spielen als bisher.
Je weniger die EU in der Flüchtlingsfrage von der Türkei abhängig ist, desto besser wäre auch ihre Position in den Verhandlungen mit Erdogan. Auch deren Ziel muss es sein, ohne Verrat an den eigenen Werten und Prinzipien zu einem Migrationsregime zu kommen, das die Deutschen und die anderen Europäer akzeptieren – und das die Entstehung von neuen Idomenis verhindert.
