Arbeit im Hintergrund : Die Manager der Flüchtlingslage
- -Aktualisiert am
Das sind derzeit neun, ein starker Machtblock der Opposition, eigentlich. Denn hier kommt gelegentlich Altmaier ins Spiel, der das Wörtchen „eigentlich“ mit Argumenten, Charme und manchmal auch Bundesgeldern zur Geltung bringt, indem er jeweils Grüne überzeugt, Vorhaben der großen Koalition im Bundesrat nicht zu blockieren. Dann hilft das Kanzleramt den Ländern umso lieber aus manchen Schwierigkeiten, mit vielen hundert Millionen Euro, aber auch ganz praktisch, etwa indem mehr als 110.000 Plätze in Bundesliegenschaften zur Verfügung gestellt wurden, obgleich Flüchtlingsunterbringung eigentlich Ländersache ist.
Es müssen weitere, noch größere Organisationsleistungen her
Für eine Beruhigung der Lage hat auch gesorgt, dass die Verteilung der Flüchtlinge aus Bayern heraus nicht mehr als eine Art permanenter telefonischer Bittebittedienst aus München organisiert wurde, sondern als „Koordinierungsstelle Flüchtlingsverteilung“ (KOST) in Bundesregie und seit November unter der Verantwortung des Verkehrsministeriums. Alleine über diese Stelle wurden in diesem Jahr bisher 325.000 Migranten mit Bussen und Sonderzügen in die Länder verteilt. An diesem Mittwoch sind es wieder vier Züge, etwas weniger als in den Hoch-Zeiten.
Einer davon, der IC 2943 mit etwa 400 Fahrgästen, wird München am Abend verlassen und am nächsten Morgen in Berlin-Schönefeld eintreffen. Ein anderer fährt nach Mannheim, ein dritter nach Nordrhein-Westfalen, das nach dem Verteilungsschlüssel die meisten Flüchtlinge aufnehmen muss, 21,72 Prozent, also ungefähr 200.000. Kleine Länder müssen weniger nehmen, Sachsen-Anhalt zum Beispiel 2,8 Prozent aller registrierten Flüchtlinge. Natürlich wachen Lohmann und seine Leute auch darüber, dass diese Quoten eingehalten werden. Er findet: Das klappt gut. Dahinter verbergen sich allerdings ungeheure Anstrengungen. Alleine für die Verpflegung: Auch an diesem Adventsmittwoch geben gegen Mittag viele Helfer in den Erstunterkünften zwischen Niebüll und Passau das Essen aus. Dreimal pro Tag werden in Turnhallen, Zeltdörfern, Wohnanlagen oder ehemaligen Kasernen Mahlzeiten für einige Hunderttausend Menschen ausgegeben, dreimal pro Tag, macht zusammen zig Millionen Essen pro Monat.
Im zweiten Jahr der großen Migrationsbewegung und Flüchtlingsankünfte in Deutschland scheint die Unterbringung und alltägliche Versorgung der allermeisten Neuankömmlinge immer besser zu gelingen. Das ist ein erster Erfolg. Jetzt wird es darauf ankommen, die Zahl der neu Eintreffenden zu verringern, Europa soll helfen. Und gleichzeitig müssen weitere, noch größere Organisationsleistungen her: schnellere Asylverfahren, konsequente Abschiebung der abgelehnten Bewerber, Sprachkurse, Aus- und Fortbildungsangebote, Bauprogramme für dauerhaftes Wohnen, die Integration in den Arbeitsmarkt – das sind einige der Aufgaben der nächsten Jahre. Da gibt es noch viel zu organisieren für die Logistiker der Flüchtlingslage.