Arbeit im Hintergrund : Die Manager der Flüchtlingslage
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Merkel machte Altmaier zum Flüchtlingskoordinator
Allerdings hatte sich im Laufe des Spätsommers herausgestellt, dass dem Innenministerium bei der Bund-Länder-Zusammenarbeit und auch gegenüber anderen Ressorts das protokollarische Gewicht fehlte. Vielleicht mangelte es de Maizière auch am nötigen Quantum Charisma, um darüber hinwegzuregieren. Dazu kam: Die selbstbewussten Ministerpräsidenten hatten keine Lust, sich vom Bundesinnenminister koordinieren zu lassen. Dazu muss man wissen, dass ein Bundesinnenminister selbst bei den Treffen seiner Länderkollegen der Innenministerkonferenz nur Gast sein darf, quasi geduldet von den kleinen Prinzen aus den Fürstentümern. Die Flüchtlingslage war aus Sicht des Kanzleramtes nicht der rechte Zeitpunkt für Rangspielchen.
Also beauftragte Merkel Anfang Oktober Kanzleramtsminister Peter Altmaier damit, als Flüchtlingskoordinator die politische Schirmherrschaft zu übernehmen. Altmaier tat das gerne, denn die neue Position ermöglicht es dem geselligen Saarländer, wieder etwas häufiger aus der Rolle „grauen Eminenz“ zu treten. Altmaier ist ein erfahrener Abgeordneter. Er hatte als Geschäftsführer die Fraktion zusammenzuhalten und ordnete als Umweltminister die Energiepolitik. Davor war er zwischen 2005 und 2009 einige Jahre Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium. Er kennt sich also aus.
Um seine Arbeit zu erleichtern und den Koordinierungsanspruch zu untermauern, hat Altmaier im Kanzleramt eine eigene Stabstelle errichtet, wo ihm Juristen, Offiziere und erfahrene Beamte den nötigen Überblick verschaffen. An die Spitze der Stabsstelle holte sich Altmaier den achtundvierzig Jahre alten Juristen Jan Hecker. Er kennt ihn seit seiner Zeit im Innenministerium. Hecker gehörte damals zu einer ambitionierten Jungbrigade, die inzwischen Karriere gemacht hat. Hecker ging für zwei Jahre zum Verfassungsschutz und war im Innenministerium Referatsleiter für Ausländerrecht. Dann wurde er, auch mit Altmaiers Unterstützung, vor vier Jahren Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Als Altmaier sich an Hecker wandte, musste er nicht lange bitten.
Die „G-Länder“ – der eigentlich starke Machtblock der Opposition
Im Kanzleramt arbeitet schon länger Helge Braun. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und gelernte Arzt aus Gießen kam 2013 als Staatsminister zu Angela Merkel. Er ist für Bürokratieabbau und die Beziehungen zu den Ländern zuständig. Logisch, dass er nun im Rahmen einer Arbeitsgruppe mit den Chefs der Staatskanzleien oder anderen Entsandten politische Entscheidungen zur Flüchtlingslage koordiniert. Zu den Leuten, mit denen Braun viel zu tun hat, gehört auch der Grüne Volker Ratzmann, der unter dem etwas unscheinbaren Titel „Dienststellenleiter“ nicht nur die Berliner Landesbotschaft seines Ministerpräsidenten Kretschmann führt, sondern auch die „G-Länder“ koordiniert, Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung.