https://www.faz.net/aktuell/politik/faz-net-sprinter-ein-wunder-ist-geschehen-15496793.html
 

FAZ.NET-Sprinter : Ein Wunder ist geschehen

  • -Aktualisiert am

Den Westen zu spalten, das hat Putin dieses Mal nicht geschafft. Bild: ALEXANDR ZEMLIANICHENKO/POOL/EPA

Der Westen reagiert scharf auf die Vergiftung eines ehemaligen Agenten. Bleibt die Frage, wie weit die Eskalation in diesem Großmachtspiel gehen darf? Das bayerische Großmachtspiel findet heute hingegen ein vorläufiges Ende.

          3 Min.

          Ein Wunder ist geschehen: Der Westen spricht mit einer Stimme. Da mag der Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der EU (oder die Entfremdung Großbritanniens vom Kontinent) in den vergangenen Monaten für kräftige Dissonanzen gesorgt haben, bei der Verurteilung hinterhältiger Mordanschläge fühlen sich Amerikaner und Europäer wieder ganz nah beieinander. Berlin, Paris und Washington haben sich hinter Großbritannien gestellt und Russland die Verantwortung für den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal zugewiesen. Ob das Wladimir Putin, der sich am Sonntag zum Präsidenten wiederwählen lassen will, juckt, ist nicht überliefert. Den Westen zu spalten, das hat er dieses Mal jedenfalls nicht geschafft. Grund zur Freude? Wohl kaum: Es sei offenkundig, dass Präsident Putin den „Wiederaufstieg Russlands nur in Gegnerschaft zum Westen und zu dessen Institutionen glaubt erreichen zu können“, schreibt F.A.Z.-Außenpolitikchef Klaus-Dieter Frankenberger in seinem Kommentar. Wohin das führen mag, und wie man dem begegnen soll? Reicht es, Botschafter einzubestellen? Oder eine „prinzipienfeste Haltung“ zu zeigen, wie Großbritanniens Außenminister Boris Johnson in seinem Gastbeitrag schreibt? Das ist die spannende Frage der nächsten Tage!

          Apropos Kalter Krieg, dieses Mal der amüsanten Art: Markus Söder lässt sich heute im bayerischen Landtag zum jüngsten Ministerpräsidenten des Freistaates aller Zeiten wählen. Lange genug hat er gewartet, dass Horst Seehofer den Posten räumt. Die beiden waren ja bekanntermaßen in enger Hassliebe verschmolzen (mehr Hass als Liebe), mit den gegenseitigen Sticheleien lassen sich Bücher füllen. Dass der neue Bundesinnenminister Seehofer es sich nach einigem Hin und Her nicht nehmen lässt, persönlich bei Söders Inthronisation dabei zu sein, mag als Beweis einer echten politischen Freundschaft gelten. Oder als letzte Boshaftigkeit, dem Nachfolger die Show zu stehlen. Wie auch immer, wie es Söder, der Mann mit dem „pathologischen Ehrgeiz“ (Seehofer), schlussendlich in die Staatskanzlei geschafft hat in einem Bundesland, das er auch mit dem Feindbild vom „linksgrün versifften Restdeutschland“ erobert haben soll, beschreibt Edo Reents in dieser Annäherung. 

          Apropos Westbindung: Die neue deutsche Außenpolitik setzt wieder unmissverständlich auf Frankreich. Nach Heiko Maas' Antrittsbesuch in Paris fahren heute Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr frischgebackener Finanzminister Olaf Scholz nach Frankreich zu ihren Kollegen Emmanuel Macron und Bruno Le Maire (Wie es um Macrons Reformen im eigenen Land steht, lesen sie hier.). Es gibt viel zu besprechen und vorzubereiten: Krise mit Russland, Handelskrieg mit Amerika, EU-Gipfel nächste Woche, und Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs am Wochenende in Buenos Aires. Heiko Maas zieht es derweil eher in Richtung Memel, ausgerechnet der ehemalige Justizminister geht auf die heikle Mission ins rechtskonservativ regierte Polen. Wohin der frühere Außenminister Guido Westerwelle übrigens gleich als erstes gefahren war.

          Und sonst: Healthineers, die Medizintechniksparte von Siemens, geht heute an die Börse. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verleiht das große Bundesverdienstkreuz an den Historiker Heinrich-August Winkler. Amtsübergabe im Bundesumweltministerium an die SPD-Politikerin Svenja Schulze. Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange reicht offiziell ihre Kampfkandidatur gegen Andrea Nahles um den SPD-Vorsitz ein. Der DFB gibt seinen Kader für die Länderspiele gegen Spanien und Brasilien bekannt. Und in der Champions League wird das Viertelfinale mit Bayern München ausgelost.

          Die Nacht in Kürze

          Innenminister Horst Seehofer ist kaum in Amt, da sorgt er bereits für Gesprächsstoff. „Nein. Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, gibt er in einem Interview zum Besten.

          In der Diskussion um Strafzölle und einen drohenden Handelskrieg hat sich unterdessen der Präsident der amerikanischen Handelskammer zu Wort gemeldet. Er warnt Donald Trump vor den Folgen einer solchen Politik.

          Das wird Trump nicht gefallen, denn Widerspruch gegen seine Politik duldet der amerikanische Präsident offenbar nicht. Und so steht schon der nächste ranghohe Mitarbeiter im Weißen Haus kurz vor dem Rauswurf: Diesmal scheint es Sicherheitsberater McMaster zu treffen.

          Sonderermittler Robert Mueller nimmt in seinen Ermittlungen nun den Trump-Konzern ins Visier und fordert die Trump Organization auf, ihre Russland-Geschäfte offenzulegen.

          Weitere Themen

          Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Migration nach Europa : Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Die Wirtschaftskrise in Tunesien verschärft sich. Aber Präsident Saïed unterschreibt einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds nicht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. In Europa wächst die Sorge.

          Topmeldungen

          Mitglieder von Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG während einer Demonstration in Leipzig.

          Lohnkonflikte : Verdi sucht Lösung, die EVG eher nicht

          Weil zwei Gewerkschaften auf einmal streiken, standen am Montag sowohl Nah- als auch Fernverkehr still. Bis Mittwoch könnte zumindest ein teilweiser Kompromiss gefunden werden.
          Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt an einer Abstimmung im israelischen Parlament teil.

          Nach heftigem Protest : Netanjahu setzt Justizreform vorerst aus

          Israels Ministerpräsident Netanjahu begründete die Aussetzung der Justizreform damit, dass er einen „Bürgerkrieg“ vermeiden wolle. Das Gesetzesvorhaben wird nun frühestens Ende April im Parlament zur Abstimmung vorgelegt.
          Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara demonstrieren vor dem Sitz der Internationalen Organisation für Migration in Tunis.

          Migration nach Europa : Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Die Wirtschaftskrise in Tunesien verschärft sich. Aber Präsident Saïed unterschreibt einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds nicht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. In Europa wächst die Sorge.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.