Die Legende von der europäischen Souveränität
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Der Begriff der „europäischen Souveränität“ - was ist damit gemeint? Bild: dpa
Der Begriff der „europäischen Souveränität“ ist mehr denn je präsent. Der französische Staatspräsident Macron verwendete ihn, doch warum Macron in Deutschland missverstanden wird.
Ein Begriff fasziniert die deutsche Politik: der Begriff der europäischen Souveränität. In einer der letzten außenpolitischen Debatten des „alten“ Bundestages, am 24. Juni 2021, beschwor die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel im letzten Satz ihrer Regierungserklärung eine „souveräne Europäische Union“. Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, forderte in der gleichen Sitzung kurz darauf „eine stärkere Souveränität Europas“. Auch im Wahlkampf war der Begriff „europäische Souveränität“ omnipräsent, und das nicht zuletzt in Reden und Interviews des christdemokratischen Kanzlerkandidaten Armin Laschet und der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Was „europäische Souveränität“ konkret zu bedeuten hat, blieb allerdings unklar. Sicher ist nur, dass der Anstoß zu diesem Bekenntnis ursprünglich aus Paris kam.
In seiner inzwischen historischen Rede an der Sorbonne vom 26. September 2017 hatte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron seine Vision von der „Neugründung eines souveränen, einigen und demokratischen Europa“ entworfen. Es war ein fulminantes Plädoyer für ein Europa, das seine Sicherheit selbst zu garantieren vermag, das gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen der Migration, des Klimawandels und der Digitalisierung gibt und sich eben dadurch besser als bisher in der Welt behaupten kann. Auf eine Antwort aus Berlin wartete Macron vergebens. Strategische Festlegungen in der Europapolitik gehörten nicht zu den Merkmalen der Ära Merkel. Sie widersprachen dem situativen Politikverständnis der Kanzlerin.
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