Umstrittene Richtlinie : EU-Parlament stimmt Reform des Urheberrechts zu
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Das Europaparlament in Straßburg. Bild: dpa
Nach heftigen Wortgefechten zwischen Gegnern und Befürwortern votiert die Mehrheit des Europaparlaments für die Reform des Urheberrechts. Zuletzt hatten europaweit Hunderttausende gegen die EU-Pläne demonstriert.
Nach einer hitzigen Debatte hat das Europaparlament die umstrittene EU-Urheberrechtsreform ohne Änderungen gebilligt. Für die Reform stimmten insgesamt 348 Parlamentarier. 274 Abgeordnete waren dagegen, 36 enthielten sich. Jetzt müssen noch die Mitgliedsstaaten zustimmen. Als möglicher Termin dafür gilt der 9. April.
Der Protest gegen die Copyright-Reform und insbesondere gegen Artikel 13, der im finalen Gesetzestext Artikel 17 heißt, war zuletzt vor allem in Deutschland immer größer geworden. Am Wochenende gingen Zehntausende in mehreren deutschen Städten auf die Straße.
„Schwarzer Tag für die Netzfreiheit“
Der CDU-Europapolitiker Axel Voss hat die Zustimmung als „Siege für die Demokratie“ gewertet. „Mit der Reform schaffen wir erstmals Rechtssicherheit für private User, die Musik oder Videos ins Internet stellen“, sagt Voss, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hatte, nach der entscheidenden Abstimmung im Parlament. „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, die Prinzipien des Rechtsstaats gelten auch im Netz.“
Die schärfste Kritikerin des Vorhabens, Piraten-Politikerin Julia Reda, sprach auf Twitter hingegen von einem schwarzen Tag für die Netzfreiheit. Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken, ebenfalls prominenter Gegner von Teilen der Reform, sagte: „Die Parlamentsmehrheit ignoriert die Stimmen hunderttausender junger Menschen.“
Eigentlich soll das Vorhaben das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Plattformen wie Youtube sollen künftig schon beim Hochladen von Inhalten überprüfen, ob sie urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist nach Meinung von Kritikern der Reform nur durch technische Kontrollen, sogenannte Upload-Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. Dies führe zu Zensur, lautet die Kritik.
Im Europaparlament hatte sich zuvor Reda, als Schattenberichterstatterin der Grünen-Fraktion, vehement gegen die Urheberrechtsreform eingesetzt. „Noch nie hat es so große Proteste gegen eine EU-Richtlinie gegeben“, sagte Reda, deren Rede immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen wurde. 200.000 Menschen hätten allein am vergangenen Wochenende europaweit gegen das Vorhaben demonstriert, fünf Millionen Menschen eine Petition dagegen unterschrieben. Kritiker der Reform seien Diffamierungen ausgesetzt gewesen.
Internet-Riesen sollen zur Verantwortung gezogen werden
Aus Sicht der Befürworter geht es hingegen darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizenzierung zu zwingen. CSU-Politiker Voss sagte als Berichterstatter des Parlaments, dass es das Ziel der Reform sei, eine Balance zwischen den Interessen der Kreativen und der Meinungsfreiheit zu schaffen. „Wollen wir im Internet am Ende alles erlauben oder haben wir noch den Schutz von Werten?", fragte Voss die anderen Abgeordneten.
Ebenfalls umstritten war der nun ebenfalls gebilligte Artikel, der ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Hier sehen Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt, es aber nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage führt.
Es gehe darum, Internet-Riesen wie Google, Facebook oder Youtube zur Verantwortung zu ziehen, sagte der französische Liberale Jean-Marie Cavada. Die wirtschaftliche Lage der Presse sei katastrophal. Mit der Presse sei „ein Teil der Demokratie in Gefahr“. Die geplante Reform sei „die einzige Chance“, die Zukunft von Kreativen zu schützen.