Merkel und Hollande auf Rügen : Kreidefelsen für einen guten Ton
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Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Königsstuhl an der Kreidefelsen-Steilküste der Insel Rügen (Archivbild Juni 2010) Bild: APN
Der Charme der Ostseeküste und der Insel Rügen soll die Gespräche Merkels mit Hollande erleichtern. Für die Kanzlerin und den französischen Staatspräsidenten stehen schwierige Themen auf der Agenda.
Vom strikten republikanischen Protokoll der Siegesfeier ist François Hollande am Donnerstag abgewichen. Am Fuße des Arc de Triomphe sang der Militärchor „Le Chant des Partisans“ das Lied der französischen Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Besatzer. Auf dem Programm zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Paris steht eigentlich nur die „Marseillaise“, aber der Präsident hatte sich die Würdigung der „résistance“ ausdrücklich gewünscht.
Auch die Hommage Hollandes auf „das russische Volk“, das den Sieg über Nazi-Deutschland „mit Millionen Leben“ bezahlte, war geplant. Der sozialistische Präsident sprach sie ins Mikrofon des staatlichen Fernsehsenders France 2 und bestätigte zugleich, dass Wladimir Putin in knapp einem Monat bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Anlandung der Alliierten in der Normandie „willkommen“ sei. „Man kann Differenzen mit Putin haben, aber ich vergesse nicht, ich werde niemals vergessen, dass das russische Volk Millionen Leben dahin gegeben hat“, sagte Hollande.
Der russische Botschafter in Paris erwiderte die Worte des französischen Präsidenten prompt mit einer Zusage Präsident Putins für den 6. Juni. Hollande ging es am Donnerstag auch darum, den Rahmen für seinen Besuch im Wahlkreis Angela Merkels abzustecken. Er reist als künftiger „D-Day“-Gastgeber in die vorpommersche Wahlheimat der Bundeskanzlerin.
An diesem Freitagnachmittag soll Hollande in Rostock landen, um ein hauptsächlich touristisches Programm zu absolvieren: eine Bootstour zu den Kreidefelsen von Rügen, ein Abendessen im Ostseebad Binz und einen Stadtbummel durch Stralsund. Der Charme der vorpommerschen Ostseeküste soll den Austausch Hollandes mit der Bundeskanzlerin zu so schwierigen Themen wie der Ukraine-Krise, dem Alstom-Verkauf, der Politik der EZB und der Besetzung europäischer Schlüsselposten erleichtern. Das zumindest wird im Elysée-Palast als Ziel der „privaten Visite“ beschrieben. Denn obwohl sie sich seit einem Schnitzelessen in Berlin zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages offiziell duzen, ist das Verhältnis zwischen Hollande und Merkel noch immer verständigungsbedürftig.
Deutsch-französisches Fundament
Im Elysée-Palast ist vermerkt worden, dass weder Stralsund noch Binz Städtepartnerschaften mit Frankreich unterhalten. In der evangelischen Nikolai-Kirche in Stralsund soll dem der Laizität verpflichteten Präsidenten eine französische Bibel aus dem XIII. Jahrhundert vorgestellt werden - als Beweis dafür, dass es durchaus weit zurückreichende Beziehungen zu Frankreich gibt.
Hollande will die Reise zugleich nutzen, sein Bekenntnis zum deutsch-französischen Fundament der EU zu erneuern. Der europäische Einigungsprozess sei in Gefahr, warnte er am Donnerstag in der Zeitung „Le Monde“. „Die Union ist bedroht“, schrieb Hollande. Die Wirtschaftskrise habe Kräfte gestärkt, die einen Zerfall der EU wünschten. Diesen gelte es abzuwenden - auch dank eines gemeinsamen deutsch-französischen Projekts, betonte der französische Präsident.