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Marode Banken : Spanien beantragt Milliardenhilfen

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Spaniens Wirtschaftsminister de Guindos (l.) wollte den Hilfsantrag zunächst noch weiter hinauszögern. Jean-Claude Juncker bestand jedoch darauf, dass Spanien die Petition so rasch wie möglich einreiche

Spaniens Wirtschaftsminister de Guindos (l.) wollte den Hilfsantrag zunächst noch weiter hinauszögern. Jean-Claude Juncker bestand jedoch darauf, dass Spanien die Petition so rasch wie möglich einreiche Bild: dpa

Spanien hat nun auch offiziell den Antrag auf Hilfsmilliarden für seine Banken gestellt - die „Troika“ verhandelt jedoch noch über Kreditsumme, Zinsen und übrige Auflagen. Madrid ist verärgert über Euro-Gruppenchef Juncker.

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          Spanien hat laut Wirtschaftsminister Luis de Guindos an diesem Montag offiziell den lange erwarteten Antrag auf Hilfskredite für seine  Banken bei der Europäischen Kommission gestellt. Das berichtete die staatliche spanische Nachrichtenagentur EFE.

          De Guindos hatte vorab erklärt, dass es sich dabei um eine „bloße Formalie“ handle, weil Kernpunkte wie die Summe, Zinsen, Laufzeit und die übrigen Auflagen noch auszuhandeln seien. Zu diesem Zweck werden in dieser Woche Vertreter der „Troika“ aus der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Madrid erwartet. Die Verhandlungen sollen spätestens bis zum 9. Juli abgeschlossen sein.

          Kritik an Juncker

          Die spanische Regierung hatte den Hilfsantrag zunächst noch weiter hinauszögern wollen. Der Vorsitzende der Eurogruppe und luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker bestand jedoch darauf, dass Spanien die Petition so rasch wie möglich einreiche. De Guindos lenkte ein, reagierte aber unwirsch mit der Bemerkung: „Der Herr Juncker misst dem viel Bedeutung bei. Aber manchmal muss man dem Herrn Juncker auch die Sachen erklären.“

          Die EU hat einem Kreditrahmen von maximal 100 Milliarden Euro zugestimmt. In den am Donnerstag veröffentlichten Gutachten der Beratungsfirmen Roland Berger und Oliver Wyman war der Kapitalbedarf der spanischen Banken auch bei „extrem ungünstiger“ Entwicklung des Wirtschaftswachstums, der Arbeitslosigkeit und des Preisverfalls auf dem Immobiliensektor in den kommenden drei Jahren auf maximal 62 Milliarden Euro geschätzt worden. Das dürfte für die Regierung die obere Richtzahl sein.

          Möglichst lange Karenzzeit, niedriger Zinssatz

          Spanien will versuchen, ähnlich günstige Konditionen wie Griechenland, Irland und Portugal zu erhalten. Das heißt eine lange Laufzeit von bis zu 15 Jahren, eine möglichst lange Karenzzeit für die ersten Rückzahlungen von mindestens fünf Jahren und einen niedrigen Zinssatz von unter vier Prozent. Darüber hinaus möchte Spanien die Bankenhilfe von seinen Staatsschulden „entkoppeln“ und dringt unverändert auf „direkte Liquiditätsspritzen“ aus dem europäischen Krisenfonds EFSF für seine Kreditinstitute.

          Mit diesem Ansinnen ist die Madrider Regierung aber noch immer auf direktem Kollisionskurs zur Bundesregierung. Diese verlangt spanische Staatsgarantien, die dann doch, falls die Politiker in den kommenden Wochen keinen anderen Ausweg finden, auf die Staatsschulden angerechnet werden müssten. Sollte Spanien 100 Milliarden Euro benötigen, würde das Volumen seiner Staatsschulden dadurch um rund zehn Prozent auf mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen und damit in die griechisch-irisch-portugiesische „Gefahrenzone“ gelangen.

          Die Unterhändler der Troika müssen mit Spanien nicht nur über Zinsen und Laufzeiten, sondern auch über Auflagen für den gesamten Finanzsektor sprechen. Dazu gehört eine weitere Reform insbesondere der angeschlagenen Sparkassen, ein Modell für die Bankenaufsicht und - hiergegen sträubt sich Ministerpräsident Mariano Rajoy noch - die Bildung einer „bad bank“ zur Auslagerung der faulen Immobilienkredite.

          Nervosität zwischen Madrid und Brüssel bleibt

          Die Verhandlungen dürften demnach in einer Grenzzone zwischen „weicher“ und „harter“ Rettung verlaufen. Weil die Ansteckungsgefahr der schwächelnden oder schon verstaatlichten Banken für die spanischen Staatsanleihen, von denen die nationalen Kreditinstitute bei fortschreitenden Fluchtbewegungen ausländischer Investoren schon mehr als die Hälfte halten, keineswegs gebannt ist, bleibt die Nervosität zwischen Madrid und Brüssel unverändert hoch.

          Sowohl die EU als auch der IWF dringen daher darauf, dass die spanische Regierung rasch für die nächsten drei Jahre einen überzeugenden Plan für die Sanierung der Staatsfinanzen und insbesondere die Kontrolle des Haushaltsdefizits vorlegt. Bislang wehrt sich die Regierung Rajoy noch, die drei jüngsten Empfehlungen des IWF - Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzungen der Gehälter im öffentlichen Dienst, Verzicht auf Abschreibung von Hypothekenzinsen - in die Tat umzusetzen. De Guindos kündigte nur an, diese Vorschläge „im Detail analysieren“ zu wollen.

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