EZB : Rettung oder Ruin?
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Wer die Währungsunion retten will, steht vor einer unaufhebbaren Asymmetrie: Die Märkte wollen schnelle Entscheidungen, der politische Prozess kommt nur langsam voran. Die EZB hat der Politik nun Zeit gekauft: Ob sie sie nutzen wird, ist zweifelhaft.
Die Reaktionen auf die Entscheidung der EZB zum unbeschränkten Ankauf von Staatsanleihen fielen aus wie erwartet: Wo die einen - vor allem die Südländer, aber auch die EU-Kommission - einen Befreiungsschlag feiern, droht nach Ansicht der anderen - vor allem der Bundesbank - der Absturz in die Schuldenunion. Dabei hat die EZB ziemlich genau so entschieden wie erwartet. Ihr Beschluss ergibt sich aus einer Grundsatzentscheidung der Politik: Die Währungsunion muss gerettet werden. Wer diese Aufgabe lösen will, steht allerdings vor einer unaufhebbaren Asymmetrie: Die ungeduldigen Märkte wollen schnelle Entscheidungen, der politische Prozess kommt dagegen nur langsam voran. Das gilt sowohl für die nationalen Reformprogramme zu Schuldenabbau und Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit als auch für die europäischen Bemühungen zur Koordinierung der nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken. Vereinfacht gesagt: Die EZB ist eingesprungen, weil die Politik ihre Hausaufgaben nicht schnell genug erledigen konnte.
Das bedeutet, dass die EZB den Regierungen der Eurozone - wieder einmal - Zeit gekauft hat. Die Zweifel setzen denn auch bei der Frage ein, ob die Politiker diese Zeit wirklich nutzen. Das gilt wiederum für die nationale wie die europäische Ebene. Zwar hat die Zentralbank ihr Ankaufprogramm mit Konditionen versehen. Aber wird sie auf deren Einhaltung konsequent bestehen, wenn - beispielsweise - Italien oder Spanien die Auflagen nicht oder nur teilweise erfüllen? Wird die Sauerstoffzufuhr in Gestalt niedriger Zinsen genutzt werden, um den Reformprozess konsequent voranzutreiben, oder werden sich die Regierenden, wenn der Druck nachlässt, wieder zurücklehnen und ihren diversen Interessengruppen - von den Gewerkschaften bis zur Finanzlobby - Zugeständnisse machen?
Noch komplizierter ist der Prozess auf europäischer Ebene. Die Vereinbarungen zu Schuldenbremsen und Koordinierung der Haushaltspolitik stehen vorerst nur auf dem Papier. In vielen Euro-Staaten ist dem Publikum noch gar nicht klar, dass damit massive Einschränkungen nationaler Souveränität und demokratischer Verfahren verbunden sind. Die EZB ist jetzt in Vorleistung gegangen; ob das zur Rettung oder zum Ruin führt, steht nun in der Verantwortung der Politik.