EU-Erweiterung : Brüssel: Verhandlungen mit Türkei wiederaufnehmen
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Die EU-Kommission sieht „positive Tendenzen“ in der Türkei. Sie kritisiert das Vorgehen gegen die Demonstranten. Und ruft dazu auf, rasch die nächsten Schritte in Richtung EU-Beitritt zu unternehmen.
Die Europäische Kommission ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei rasch den nächsten Schritt zu machen. Wie in Brüssel vorab bekannt wurde, bringt die EU-Behörde in ihrem jährlichen Bericht über die Erweiterung, der an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, die Erwartung zum Ausdruck, dass der Ministerrat seine jüngste Entscheidung zur Eröffnung von Verhandlungskapitel 22 (Regionalpolitik) bestätigt und die dafür vorgesehene Regierungskonferenz abhält.
Die Regierungskonferenz hätte eigentlich schon im Juni stattfinden sollen. Das war aber als Reaktion auf das harte Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte gegen die Proteste rund um den Gezi-Park verschoben worden. Vor allem die Bundesregierung hatte sich für die Verschiebung eingesetzt.
Der Ministerrat hatte im Juni beschlossen, die Einberufung der Regierungskonferenz vom Bericht der Kommission über den Stand der Reformen in der Türkei abhängig zu machen. In dem Bericht gebe es nun nichts, was einen weiteren Aufschub rechtfertige, hieß es am Dienstag vorab aus der Kommission. Negative Entwicklungen wie die harte Reaktion der Regierung auf die jüngsten Demonstrationen würden ausdrücklich kritisiert. Es würden aber auch positive Tendenzen gewürdigt, etwa die Gespräche der türkischen Führung mit der kurdischen Terrororganisation PKK oder die geplanten Verfassungsänderungen zugunsten der kurdischen Minderheit.
EU wird Dialog über Visumsfragen beginnen
Die Kommission ist außerdem der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten die Eröffnung der Kapitel 23 und 24 über die Grundrechte und die Justiz gestatten sollten. Diese beiden Verhandlungskapitel sind, wie viele andere auch, durch den Ministerrat blockiert. Zumindest sollte man mit den Vorbereitungen zur Eröffnung der beiden Kapitel beginnen, hieß es in der Kommission. Sie bemüht sich darum, Vertreter der Gezi-Bewegung zusammen mit der Regierung an einer Arbeitsgruppe mit der EU zu den Grundrechten teilnehmen zu lassen. Noch in diesem Jahr, so hofft die Kommission, kann ein Rückübernahmeabkommen mit Ankara unterzeichnet werden, das die Rückführung von abgewiesenen Asylbewerbern in das Land ermöglichen soll. Die EU wird dafür im Gegenzug einen Dialog über Visumsfragen beginnen, der eines Tages zu Visumsfreiheit für Türken bei der Einreise in die EU führen könnte.
Die Kommission empfiehlt, wie geplant mit Serbien Beitrittsverhandlungen zu beginnen und mit dem Kosovo Verhandlungen über den Abschluss eines Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommens. Letzteres bereitet auf den EU-Beitritt vor. Die EU-Behörde begründet ihre Empfehlung mit dem allgemein positiven Trend in den Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina, wie er in den jüngsten Abkommen über Telekommunikation, Energie und andere technische Fragen zum Ausdruck komme. In den Verhandlungen mit Serbien will die Kommission die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo zu einem entscheidenden Faktor machen, genauso wie die Rechtsstaatlichkeit. Wenn es in diesen beiden Bereichen Rückschritte gebe, solle das die Beitrittsgespräche insgesamt verlangsamen. Die Aufnahme der Verhandlungen mit Serbien und dem Kosovo müssen die Mitgliedstaaten einstimmig billigen.
Der Kommissionsbericht zu Mazedonien enthält wenig Neues, da Griechenland die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wegen des Streits über den amtlichen Namen des Landes weiter blockiert. Die Kommission führt noch einmal ihren Vorschlag vom vergangenen Jahr aus, formal mit den Verhandlungen zu beginnen und zu versuchen, den Namensstreit während der dann zunächst vorgeschriebenen Überprüfung der mazedonischen Rechtsordnung zu lösen. Nur wenn das gelinge, würde man ein erstes Kapitel öffnen. Auch über Island gibt es einen Bericht, obwohl die dortige Regierung die Beitrittsverhandlungen nicht mehr weiter verfolgt. Die Kommission bekräftigt, dass die EU zur Wiederaufnahme der Gespräche bereit sei, sofern Island das wünsche.