Nato und EU zurückhaltend : Und Brüssel schweigt
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Der amerikanische Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin am Montag in Helsinki Bild: dpa
Normalerweise dringen zumindest aus dem Nato-Hauptquartier rasch Einschätzungen zur Weltlage und zur Haltung Russlands an die Öffentlichkeit. Doch nach dem Treffen von Trump und Putin ist es ungewöhnlich still in Brüssel.
Nach dem Wirbel um den Auftritt von Donald Trump beim Nato-Gipfel und seine abfälligen Bemerkungen über die Europäische Union (EU) herrscht in Brüssel nach dem Treffen mit Wladimir Putin ungewohnte Funkstille. Offiziell in Schweigen hüllte sich zunächst nicht nur die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, sondern auch das Nato-Hauptquartier. Von dort aus dringen mehr oder weniger offizielle Einschätzungen zur Weltlage im Allgemeinen und zur Haltung Russlands im Besonderen meist rasch an die Außenwelt.
So hallte am Dienstag vor allem eine Feststellung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach, die er in der vergangenen Woche gemacht hatte. Das Treffen in Helsinki zwischen den Präsidenten der Vereinigten Staaten und Russlands passe bestens in die Strategie der Nato, im Verhältnis zu Moskau auf militärische Abschreckung, aber auch auf politischen Dialog zu setzen. „Auch ohne ein besseres Verhältnis ist es wichtig, mit Russland zu sprechen und mit einer schwierigen Beziehung zurechtzukommen, um Risiken, Fehlkalkulationen, Missverständnisse, Zwischenfälle und Unglücke zu vermeiden“, hatte Stoltenberg gesagt.
Am Abend meldete sich dann doch ein Mitarbeiter der Nato-Zentrale mit einem eher dürren, fünf Zeilen langen Statement zu Wort. Der aus Helsinki nach Brüssel gekommene amerikanische Botschafter in Russland, Jin Huntsman, sei mit den Botschaftern der 29 Nato-Staaten zusammengetroffen. Anschließend hieß es kurz und knapp, ohne das dem eine eingehendere Bewertung des Treffens von Putin und Trump zu entnehmen war: „Die Verbündeten sind dem Nato-Doppelansatz gegenüber Russland verpflichtet, der Verteidigung und Dialog kombiniert.“
Erfolgsmeldungen aus dem fernen Tokio
Auch Vertreter der EU-Institutionen hielten sich am Dienstag bis auf weiteres mit Kommentaren zum Geschehen in Helsinki zurück. EU-Ratspräsident Donald Tusk, der sich in jüngster Zeit mehrfach zum transatlantischen Zwist mit seinem Washingtoner Namensvetter Trump geäußert hatte, beließ es zunächst auf Twitter mit Erfolgsmeldungen aus dem fernen Tokio – auch auf Japanisch. Er zelebrierte einen soeben besiegelten neuen Handels- und Partnerschaftsvertrag, „der die Freundschaft zwischen der EU und Japan zementiert“.
Einen Schritt weiter ging der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments, David McAllister (CDU). Er wertete das Abkommen mit Tokio als einen dem multilateralen Ansatz dienenden „Kontrapunkt“ in einer Zeit, in der sich Amerika von den ehrgeizigen Projekten der transpazifischen und -atlantischen Partnerschaft verabschiedet habe. „Das Abkommen ist der größte außen- und außenhandelspolitische Erfolg in der laufenden europäischen Wahlperiode“, sagte McAllister der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.).
Den öffentlichen Auftritt Trumps und Putins bezeichnete der Politiker als „große Show“. Dabei sei freilich mangels einer Abschluss- und anderer Erklärungen verborgen geblieben, was die beiden Präsidenten sich tatsächlich hinter verschlossenen Türen gesagt hätten. Bei allen Mutmaßungen über die künftigen Beziehungen zwischen Moskau und Washington steht für den CDU-Politiker außer Frage, dass die EU-Partner noch enger zusammenrücken müssen. „Wir müssen innerhalb des bestehenden Rahmens der Nato den europäischen Pfeiler stärken“, sagte McAllister. Er rief aber auch dazu auf, sich keineswegs von Washington abzuwenden, sondern die engen transatlantischen Kontakte zu pflegen, nicht zuletzt zu den Abgeordneten und Senatoren im amerikanischen Kongress.
Gegner EU?
Tags zuvor hatten sich nicht nur die EU-Außenminister, sondern auch Tusk irritiert über die jüngste Schelte Trumps an die Adresse der EU-Partner gezeigt. Dabei hatte er die EU als Widersacher ausgemacht und, gemäß den Übersetzungen des von ihm benutzten englischen Begriffs „foe“, gar als „Gegner“ oder „Feind“ bezeichnet. Tusk hatte sich daraufhin mit der für Trump wenig schmeichelhaften Feststellung gemeldet: „Wer immer sagt, wir seien Feinde, verbreitet Fake News.“