EU-Erweiterung : Union: „Regierung hat schlampig verhandelt“
- Aktualisiert am
Pflüger: „So können die Verträge nicht durch den Bundestag” Bild: dpa
Die Verträge für den EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien begünstigen nach Ansicht der Union Lohndumping auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Opposition werde bei der Ratifikation im Bundestag „echten Einfluß“ nehmen, sagte CDU-Außenpolitiker Pflüger.
Der außenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Friedbert Pflüger, hat Nachbesserungen an den EU-Beitrittsverträgen für Bulgarien und Rumänien gefordert. „So können die Verträge nach meinem Urteil nicht durch den Bundestag“, sagte Pflüger in der ARD.
Er schlug vor mit beiden Ländern auf bilateralem Wege Übergangsfristen für die Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt auszuhandeln. Der Außenexperte wehrte sich gegen den Vorwurf, er vertrete eine Politik nach dem Motto „Das Boot ist voll“.
„Echte Möglichkeit der Einflußnahme“
Man stelle weder den Beitritt noch die Notwendigkeit der Erweiterung der Europäischen Union in Frage, sagte Pflüger. Der Erweiterungsprozeß müsse aber sauber verhandelt werden. Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens müsse „auch in unserem Interesse“ sein, sagte Pflüger.
Die Verträge könnten zwar im „eigentlichen Kern“ nicht nachverhandelt werden. Es gebe aber für die Opposition eine „echte Möglichkeit der Einflußnahme“ bei der Ratifikation im Bundestag. Hier werde sich die Union ganz genau anschauen, was die Verträge für den deutschen Arbeitsmarkt bedeuteten.
„Schwere Fehler der Bundesregierung“
Bereits am Montag hatte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel der Bundesregierung vorgeworfen, sie habe bei der EU-Osterweiterung schlampig verhandelt und damit den Zustrom von Billigarbeitern nach Deutschland ausgelöst.
Damit sich dies nicht wiederhole, müßten die Beitrittsverträge mit Bulgarien und Rumänien unbedingt nachverhandelt werden, denn auch darin fehle eine ausreichende Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. „Das ist erneut ein schwerer Fehler der Bundesregierung“, sagte Merkel in der „Westfälischen Rundschau“. Zuvor hatte bereits der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber die Regeln für den Zugang von Arbeitnehmern und Unternehmen aus den Beitrittsländern in den europäischen Markt kritisiert.
SPD warnt vor Panikmache
Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner hat die Union unterdessen vor Panikmache gewarnt. „Ich denke, daß es falsch ist, vor Europa Angst zu machen“, sagte Brandner am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. Es sei „scheinheilig“, wenn die Union mit Blick auf die Verhandlungen mit Bulgarien und Rumänien nun der Bundesregierung vorwerfe, sie begünstige Lohndumping auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Es gebe auf nationaler Ebene eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmern, die durch Einsprüche der Union im Bundesrat verhindert worden seien. Brandner räumte ein, daß vielleicht verspätet mit Kontrollen auf die billigen Arbeitskräfte aus Osteuropa reagiert wurde. Wichtig sei, daß man auch die Vorteile einer „großen Wirtschaftsregion“ wie Europa für Deutschland darstelle, „ansonsten ist Europa nicht machbar“, sagte Brandner.
Positive Bilanz vom polnischen Botschafter
Ein Jahr nach der großen Runde der EU-Erweiterung zog der polnische Botschafter Andrezej Bryt eine positive Bilanz in der Beziehung zwischen Berlin und Warschau. Bryt relativierte ebenfalls im Morgenmagazin die Ängste deutscher Arbeitnehmer vor polnischen Billiglohn-Arbeitern.
Unter dem Strich profitierten auch deutsche Angestellte von den enger werdenden Beziehungen im Rahmen der EU. Er erinnerte daran, daß Polen für Deutschland der größte Absatzmarkt in Osteuropa sei.