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Ukrainekrieg : Es geht nicht ums „Frieren für den Frieden“

Die privaten Haushalte machen bislang 31 Prozent des Gasverbrauchs aus. Bild: Frank Röth

Ein Stopp der Energie-Importe aus Russland würde vor allem Industrie-Jobs kosten. Ist das Land dafür bereit?

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          Jetzt erreicht der Krieg, so scheint es, die deutschen Verbraucher ganz unmittelbar. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert die europäischen Bürger auf, freiwillig ihre Heizung zu drosseln, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen formuliert es griffiger: „Frieren für den Frieden“ sei jetzt angesagt, um dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seine Gaseinnahmen zu entziehen. Geht es nach dem ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, sollen die Energieimporte sogar ganz gestoppt werden, „Frieren für die Freiheit“ nennt er das. Oppositionspolitiker aus den Reihen von CDU und CSU stimmen ihm zu, einige Grüne ohne Regierungsamt oder Parlamentsmandat ebenso. Auch auf den Demonstrationen gegen den Krieg ist die Forderung populär.

          Ralph Bollmann
          Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Es ist ja auch schwer zu verstehen. Deutschland verurteilt Putins Krieg aufs Schärfste, liefert Waffen an die ukrainische Armee und beschließt sehr detaillierte Sanktionslisten. Aber es gestaltet den Ausschluss der russischen Banken aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT bewusst so, dass die Energiekonzerne der Europäischen Union Gas im Börsenwert von 700 Millionen Euro pro Tag in Russland bezahlen können, auch wenn der reale Kaufpreis vermutlich niedriger liegt. Die Summen für Öl und Kohle kommen noch hinzu. Die Energieerlöse machen mehr als ein Drittel des russischen Staatshaushalts und der Wirtschaftsleistung aus.

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