Entscheidung in Italien : Wer wird Ministerpräsident in Rom?
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Möglicher neuer Ministerpräsident: Sergio Conte Bild: Reuters
Die Entscheidung über den neuen Ministerpräsidenten Italiens könnte heute fallen. Keiner der beiden Parteichefs will den Posten übernehmen. Die italienischen Medien sind sich jedoch einig.
Elf Wochen nach der Parlamentswahl in Italien haben sich die rechtsextreme Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) auf eine Regierung geeinigt. Namen wollten sie vor der Vorstellung beim italienischen Präsidenten Sergio Mattarella nicht bekanntgeben. Die italienischen Medien spekulieren jedoch, es könne sich um den Universitätsprofessor und Rechtsanwalt Giuseppe Conte handeln. Der 54 Jahre alte Jurist will laut „La Repubblica“ in der öffentlichen Verwaltung aufräumen und gilt als Fachmann im Management von krisengeschüttelten Unternehmen. Conte kommt aus dem Kreis der Fünf Sterne. Außerdem werden auch der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Roventini und der frühere Industrieminister Paolo Savona als mögliche Regierungschef gehandelt.
Der Vorsitzende der Fünf Sterne, Luigi Di Maio sagte, falls der Präsident den Vorschlägen der Parteien zustimmt, werde es ein großes Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Arbeit geben, dass von einem Politiker der Fünf Sterne geführt werden soll. Die Zeitung „Corriere della Sera“ berichtet unter Berufung auf anonyme Quellen, Di Maio könnte den Posten selbst einnehmen. Sein Gegenüber von der Lega, Matteo Salvini sei demnach für das Innenministerium im Gespräch, heißt es weiter. Beide Parteien wollen am Montagnachmittag – die Fünf Sterne für 17.30 Uhr, die Lega für 18.00 Uhr – dem Präsidenten ihre Vorschläge präsentieren.
Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl hatten die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega am Freitag ihr gemeinsames Regierungsprogramm vorgestellt. Über das Programm, das im hochverschuldeten Italien unter anderem Steuersenkungen und ein Grundeinkommen für alle vorsieht, ließen beide Parteien ihre Anhänger abstimmen.
Die Anhänger der Fünf Sterne stimmten dem Programm nach Angaben der Bewegung vom Freitag mit 94 Prozent zu. 45.000 Menschen nahmen demnach an der Abstimmung teil. Die Lega ließ am Wochenende an landesweit tausend Straßenständen über das Programm abstimmen. Am Sonntagabend teilte die Partei mit, von 215.000 Teilnehmern hätten 91 Prozent dem Programm zugestimmt.
Der 58 Seiten lange „Vertrag für eine Regierung des Wandels“ sieht unter anderem eine vollständige Abkehr vom Sparkurs der Vorgängerregierung vor. In der EU besteht die Sorge, dass eine neue Regierung aus Populisten und Rechtsextremen sich über die Stabilitäts- und Schuldenregeln in der EU einfach hinwegsetzen könnte.
Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte am Sonntag dem Sender Europe 1 und anderen Medien: „Wenn die neue Regierung es riskiert, ihre Verpflichtungen zu Schulden und Defizit nicht einzuhalten, aber auch die Sanierung der Banken, wird die gesamte finanzielle Stabilität der Eurozone bedroht sein.“ Jeder in Italien müsse verstehen, dass Italiens Zukunft in Europa sei, dass dazu aber Regeln eingehalten werden müssten.
Lega-Chef Salvini bezeichnete Le Maires Äußerungen am Sonntag als „inakzeptabel“. „Ein französischer Minister ,warnt‘ die künftige Regierung: Ändern Sie nichts oder es wird Probleme geben“, schrieb Salvini im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Ich habe nicht um Stimmen und Vertrauen gebeten, um den Weg der Armut, der Unsicherheit und der Einwanderung fortzusetzen: die Italiener zuerst!“, fügte er hinzu. „Die Franzosen sollen sich um Frankreich kümmern und ihre Nase nicht in die Angelegenheiten anderer stecken“, sagte Salvini später vor Journalisten.