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Stresstests : Fast alle europäischen Atomkraftwerke haben Mängel

Dunkle Wolken über den untersuchten Atomkraftwerke: So gut wie alle weisen deutliche Mängel auf.

Dunkle Wolken über den untersuchten Atomkraftwerke: So gut wie alle weisen deutliche Mängel auf. Bild: dpa

Eine Überprüfung der 134 europäischen Atomkraftwerke hat ergeben: In praktisch jedem Kraftwerk gibt es Sicherheitsmängel. Um alle Sicherheitslücken zu schließen, sind insgesamt 25 Milliarden Euro notwendig.

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          Die europäischen Energiekonzerne müssen in den kommenden Jahren Milliarden in die Sicherheit der Atomkraftwerke investieren. Die Überprüfung von 134 Atomreaktoren habe in praktisch allen Kraftwerken Sicherheitsmängel aufgezeigt, heißt es in dem Abschlussbericht der Europäischen Kommission zu den nach der Atomkatastrophe von Fukushima vereinbarten Stresstests. Um die Mängel zu beheben, seien je Reaktor Investitionen zwischen 30 Millionen und 200 Millionen Euro nötig. Insgesamt kämen auf die europäischen Energiekonzerne damit Investitionen von bis zu 25 Milliarden Euro zu. Energiekommissar Günther Oettinger will den Abschlussbericht in den kommenden Tagen offiziell in Brüssel vorstellen. An dem Stresstest haben sich neben den EU-Staaten Kroatien, die Ukraine und die Schweiz beteiligt. 14 EU-Staaten betreiben Kernkraftwerke.

          Größte Defizite bei Leitlinien für schwere Unfälle

          Hendrik Kafsack
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          In einigen Staaten seien noch nicht einmal die Sicherheitsstandards umgesetzt worden, die nach den Atomkatastrophen im amerikanischen Kraftwerk Three Mile Island 1979 und in Tschernobyl 1986 vereinbart worden seien, heißt es in dem Abschlussbericht. Die größten Defizite gibt es bei den Leitlinien für schwere Unfälle. Das gilt auch für die deutschen Reaktoren. Im Bericht wird weiter bemängelt, dass es in den deutschen Kraftwerken keine ausreichenden Erdbebenwarnsysteme gebe. Verglichen mit den osteuropäischen, aber auch den britischen und französischen Kraftwerken ist die Mängelliste der deutschen Kraftwerke aber kurz.

          Hervorgehoben wird in dem Bericht, dass in den Reaktoren im schwedischen Forsmark und im finnischen Olkiluoto nach einem Stromausfall oder dem Ausfall der Kühlsysteme weniger als eine Stunde Zeit bleibt, um den sicheren Betrieb wiederherzustellen. Darüber hinaus gebe es nur in vier Ländern zusätzliche Sicherheitssysteme, die vollkommen unabhängig von den Standardsystemen und gut geschützt gegen äußere Einflüsse seien. Etwas weiter sind die Staaten bei der Bereitstellung von mobil einsetzbaren Dieselgeneratoren, die im Fall von Stromausfällen nach schweren Unfällen eingesetzt werden können. Bisher gebe es diese in sieben Ländern, heißt es in dem Papier. Die meisten anderen Länder seien dabei, sie zu installieren.

          Bis Ende des Jahres Pläne für Behebung der Mängel

          Nach der offiziellen Vorstellung der Kommission sollen die Staaten bis Ende des Jahres Aktionspläne für die Behebung der Mängel aufstellen. Die Kommission will dann 2014 einen Bericht über die Verwirklichung vorlegen. Damit sie künftig auch rechtlich gegen säumige Staaten vorgehen kann, dringt die Behörde zudem auf neue Kompetenzen in der Überwachung der Atomkraftwerke. Die Tests hätten gezeigt, dass die Staaten die bestehenden Vorgaben zu unterschiedlich umsetzten und die nationalen Aufseher oft nicht die nötige Unabhängigkeit hätten, hieß es am Montag in der EU-Behörde. Deshalb müsse die Kommission unmittelbar Einfluss auf die Überwachung der Kernkraftwerke in der EU nehmen können.

          Umweltschutzverbände und Grüne erklärten, der Stresstest der EU habe bei weitem nicht alle Mängel der europäischen Atomkraftwerke aufgedeckt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) teilte mit, angesichts der nötigen Investitionen in MIlliardenhöhe habe es auch ökonomisch keinen Sinn, weiter auf Atomkraft zu setzen. Ein Sprecher von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) reagierte gelassen auf den Bericht: Die Erdbebensicherheit sei bisher für Kernkraftwerke in Deutschland nicht beanstandet worden.

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