Franz von Assisi : Armut, Frieden, Almosen
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Vom Islam fasziniert: Darstellung des heiligen Franz von Assisi im Diözesanmuseum in Paderborn Bild: dpa
Der Name des neuen Papstes könnte ein Signal für bessere Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Islam sein. Denn der heilige Franziskus ist eine Gestalt, die auch bei Muslimen Respekt genießt.
Die oberste Lehrautorität des sunnitischen Islams, die Al-Azhar-Moschee und Universität zu Kairo, hat dem neuen Papst Franziskus („und allen Katholiken der Welt“) mit freundlichen Worten zu seiner Wahl gratuliert. Vor knapp zwei Jahren hatte sie noch eine Teilnahme am Religionsdialog in Assisi demonstrativ abgesagt.
Nun wollte es der Zufall, dass sich Ägypten nur wenige Tage bevor in Rom das Konklave zusammentrat, in der Person von Schauqi Ibrahim Abdal Karim einen neuen obersten Mufti gegeben hat - einen Mann, der nicht besonders bekannt ist, aber als moderat gilt. Auch dies gibt Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der al Azhar und dem Vatikan, deren Dialog 1965 unter Mitwirkung von Kardinal Franz König aus Wien eingeleitet worden war.
Gescheiterte Gesprächsversuche
Die Worte der ehrwürdigen, über tausend Jahre alten al Azhar, die nach der Eroberung Ägyptens durch die Fatimiden im Jahre 969 gegründet wurde, erhalten besonderes Gewicht durch den Namen, den sich der neue Papst gegeben hat. Denn der Islam hat durchaus eine - wenn auch kurze - gemeinsame Geschichte mit dem heiligen Franziskus, wie umgekehrt der „poverello“ mit dem Islam. Die Vorstellung, Christen und Muslime hätten während des Mittelalters dauernd im Streit gelegen und nur Krieg gegeneinander geführt, ist einseitig.
Neben den Kämpfen und Metzeleien der insgesamt sieben Kreuzzüge im Nahen Osten und in Nordafrika, die zweihundert Jahre dauerten, neben den Kriegen der Reconquista in Spanien zwischen den Christen und den „Mauren“ gab es sogar hier und da Versuche, miteinander ins Gespräch zu kommen; sie scheiterten zwar, haben jedoch im kulturellen Gedächtnis von Christen wie Muslimen ihre Spuren hinterlassen.
So ist Franz von Assisi eine Gestalt, die auch bei Muslimen Respekt genießt. Und es ist nicht unmöglich, dass Staufer-Kaiser Friedrich II. - ein Freund der Muslime und Araber, der sich in Palermo an seinem Hof mit muslimischen Gelehrten umgab und mit Philosophen wie Ibn Sabin aus Murcia sogar über metaphysische, religiöse Fragen korrespondierte - durch das Handeln des heiligen Franziskus in dem Vorhaben noch bestärkt wurde, „seinen“ Kreuzzug auf friedliche Weise vonstattengehen zu lassen.
Franz von Assisi predigte ungehindert
Während des fünften Kreuzzuges, im Jahre 1219, hielt sich Franz von Assisi auf Pilgerfahrt in Ägypten auf. Mit Predigten wollte er die Muslime zur Lehre des Evangeliums bekehren - erfolglos. Doch ging es ihm auch um den Frieden, er wollte sich mit den Muslimen intellektuell messen, nicht mit der Waffe. Bemerkenswert daran ist, dass der Sultan al Malik al Kamil dies zuließ, er ließ Franziskus ungehindert predigen.
Als die Kreuzfahrer die Stadt Damiette im Nildelta belagerten und eroberten, wurde Franziskus durch das brutale Blutvergießen so sehr erschüttert, dass er die Ritter in ungewohnt scharfer Weise kritisierte: „Brüder, besinnt euch, nicht die Muslime versperren euren Weg, sondern euer eigener Teufel, euer Hass und eure Habsucht“, soll er ausgerufen haben, wie Thomas von Celano in seiner Franziskus-Biographie überliefert.
Franziskus habe die Schlacht „mit Betrübnis und Bestürzung verfolgt“, schreibt auch Steven Runciman in seiner monumentalen „Geschichte der Kreuzzüge“. Franz entschloss sich nun offenbar, aus seiner Pilgerfahrt endgültig eine Friedensmission zu machen. Er verließ das Lager der christlichen Kämpfer und begab sich alleine in seinem Bußgewand zum Quartier des Sultans, wahrscheinlich sogar als Emissär des christlichen Heeres und seines Heerführers Pelagius.
„Geduldig und milde“
Der Sultan hörte sich die Predigt des heiligen Franziskus, wie es in den Quellen heißt, „geduldig und milde“ an und war sogar bereit, ein Religionsgespräch zwischen dem heiligen Franz und islamischen Religionsgelehrten anzuberaumen - Disputationen dieser Art sind nicht selten überliefert in der mittelalterlichen Geschichte.
Ein Ergebnis dieser Kontakte mit den Muslimen war, dass Franziskus mehr und mehr von der Orthopraxie des Islams angetan war. Das fünfmalige Beten am Tag - eine Pflicht, die zu den fünf Pfeilern des Islams gehört - beeindruckte ihn. Noch mehr jedoch sprach ihn die Mildtätigkeit der Muslime an, das reichliche Geben von Almosen (sadaqa), das der Islam seinen Gläubigen empfiehlt; die Armensteuer (zakat) ist sogar religiöse Pflicht und spielt bis heute eine wichtige Rolle im Leben der Muslime.
Franziskus, der das Leben eines schwerreichen Kaufmannssohns aufgegeben und sein Erbe demonstrativ ausgeschlagen hatte, um der Armut zu leben, fühlte sich gerade davon besonders berührt. Als Franziskus nach Italien zurückfuhr, traf er 1221 in Bari mit Kaiser Friedrich II. zusammen. Von dort aus brachen die christlichen Flotten in der Regel ins Heilige Land auf. Der Kaiser, der vom Papst wegen seines Zögerns mit dem Kirchenbann belegt war und zu einem Kreuzzug geradezu gedrängt wurde, wollte sich mit Sultan al Kamil friedlich und gütlich einigen.
Vielleicht hat ihn der heilige Franziskus in dieser Absicht zusätzlich bestärkt. Diplomatische Aktivität setzte hinter den Kulissen ein, auch der Sultan war dem Frieden zugeneigt. Es gelang Friedrich anschließend, durch vertragliche Abmachungen den freien Zugang christlicher Pilger zu den heiligen Stätten zu erreichen, ihm war ohne einen Schwertstreich gelungen, was die „bewaffneten Wallfahrer“, die Kreuzritter, nicht erreicht hatten.
Seit dem Sieg der Muslime 1187 bei Hattin unter Saladin war Jerusalem einschließlich der Grabeskirche nämlich wieder muslimisch gewesen. Doch leider hielt der Friede nur zehn Jahre lang. Die Berichte über des Franz von Assisi Besuch beim Sultan geben beredte Kunde von seiner Frömmigkeit, die man heute wahrscheinlich als kindlich und naiv verlachen würde.
Doch er soll sich so furchtlos in das Lager des muslimischen Feindes begeben haben, dass er durch seine unerschrockene Haltung den Gegner verblüffte und sozusagen innerlich entwaffnete. Unter den Mystikern des Islams gab es nicht wenige, welche die Armut wie Franziskus predigten; und andere pflegten die Haltung eines blinden Gottvertrauens (tawakkul) und begaben sich in größte Gefahren, darauf vertrauend, dass Gott sie schon beschützen werde. Manche Sufis verehren den heiligen Franziskus bis heute.